Schwedenturm
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Einer der wenigen Reste der einstmals umfassenden mittelalterlichen Befestigungsanlage der Stadt Auerbach ist der Schwedenturm. Er sicherte als einer von insgesamt 11 wuchtigen Türmen den hier „Hundsgraben“ genannten Stadtmauerabschnitt. Heute hat der einzige runde Mauerturm nur mehr etwa die Hälfte seiner ursprünglichen Höhe. Früher hieß das Bauwerk wegen seiner Form Rondellturm oder zeitweilig auch Faulenturm.

Im Dreißigjährigen Krieg (1618-48)
konnten die schwedischen Truppen die Stadt Auerbach besetzen, ohne einen Schuss abgegeben zu haben. Einige Bürger hatten schon 1634 und 1641 dem Feind die Tore geöffnet und die Stadt kampflos überlassen, um sie vor einer befürchteten Zerstörung zu bewahren. Und auch im April 1648 zogen die Schweden unter ihrem Regimentskommandeur Oberst von Kanneberg praktisch widerstandslos und ungehindert in Auerbach ein. Die grausamen Kriegsmannen kannten jedoch, nachdem sie im Stadtinnern waren, kein Erbarmen. Drei Tage lang gab der schwedische Obrist die Stadt seinen Soldaten zur Plünderung frei. Jedes Anwesen wurde vom tiefsten Keller bis zum höchsten Dachboden hinauf durchsucht und durchwühlt. Was die Krieger nicht brauchen konnten, machten sie meistens kaputt. Selbst die Fußbodenbretter wurden heraus gerissen, der Putz von den Wänden geschlagen und die tiefen Kellergewölbe abgeklopft, um zu den vermuteten geheimen Verstecken der Auerbacher zu gelangen.

Einige der angesehensten Ratspersonen und der reichsten Bürger sperrten die Soldaten in den runden Turm. Hier wollte man sie solange hungern und dürsten lassen, bis sie verraten würden, wo sie selber und wo die Stadt und die Kirche ihre Reichtümer versteckt hielten. Gewiss hatte man in der Zwischenzeit jedes Haus so gründlich ausgeplündert, dass die Gefangenen nur noch ehrlich ihre völlige Armut beteuern konnten. Aber die Schweden glaubten ihnen nicht und ließen sie weiter ohne Speis und Trank eingesperrt.

Die bittenden Geisterhände
Nachdem die Schweden wieder abgezogen waren, bargen die Auerbacher zwar ihre hingemordeten Mitbürger und bestatteten sie, aber sie machten fortan einen weiten Bogen um die einsame Gasse am Rondellturm. Besonders in den Nachtstunden drangen nämlich oft jämmerliches Gewimmer vermischt mit wilden Schmerzensschreien aus dem Inneren des Turmes und blutende, leichenblasse Hände streckten sich bittend immer wieder aus den schmalen Luken. Näherte sich aber jemand dem Turm bis auf wenige Meter, dann verstummte plötzlich das Wehklagen und die flehentlich ausgestreckten Hände verschwanden.

Benachbarte Bürger mussten in mondhellen Nächten immer wieder mit anhören, wie die armen Seelen der Gefangenen, die qualvoll und ohne Gebet und Trost der Kirche aus diesem Leben hatten scheiden müssen, ihren Jammer und ihre Not besonders heftig in die enge Gasse hinausschrieen. Erst als ein mutiger Anwohner eines Nachts geweihtes Wasser in den Turm sprengte, fanden die im Dreißigjährigen Krieg zu Tode Gequälten ihre ewige Ruhe. Seither wohnt ein tiefer Friede hinter den über einen Meter dicken Mauern des Schwedenturms.

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