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Das Rathaus von 1551 Ob 1524 oder wenige Jahrzehnte später das Rathaus von 1418 abgerissen und neuaufgebaut oder lediglich angebaut wurde, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen. Seine heutige Größe mit immerhin ca. 30 x 9 m und im wesentlichen auch sein jetziges Aussehen erhielt das Auerbacher Rathaus jedenfalls im Jahre 1551, wie der Schlussstein im Kreuzgewölbe des Erdgeschoßes verrät. Das gotische Rathaus von 1551 hatte zwei stattliche Zinnengiebel und ein Türmchen, in dem eine Glocke die Ratsherrn zu den Sitzungen rief.
Unter dem Westtrakt des Rathauses befanden sich auf verschiedene Stockwerke verteilt mehrere in den Sandstein gehauene Keller, von denen heute leider nur mehr zwei vorhanden sind. Im Parterre waren zahlreiche gewölbte Räume, in denen nach wie vor Waren feilgeboten wurden; auch Arrestzellen und die städtische Waage waren hier untergebracht, wie die folgende Planskizze zeigt, die Joseph Köstler um 1900 nach alten Notizen fertigte.
Die Buchstaben der ebenfalls von Köstler angegebenen Legende (Band VIII, Seite 8) bedeuten: a Brotladen, b Gefängnis, c Haftlokal, d Wachtstube, e Fleischladen, f Labor zur Apotheke g (eventuelle Magazin zum Kaufladen g), g Apotheke (eventuelle Kaufladen), h Kramladen, i Magazin, K Fleischladen, l Fleischladen, M Fleischladen, n Requisitenkammer, o Sekret (Toilette), p Stadtwaage, qu Stiegenhaus mit 2 Gefängnissen, r Freitreppe, Podest mit Kanzel oder Altane, s gewölbte Kreuzgänge mit 4 Toren. Durch die Umgestaltung des Einwohnermeldeamtes im Juni 2012 wurde das ursprüngliche Aussehen des westlichen Erdgeschoßes wieder hergestellt. Heute werden unter den Bögen allerdings keine Waren mehr feilgeboten, sondern Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadtverwaltung bieten unter Zuhilfenahme modernster Bürotechnik den Bürgern ihren Service an. Die vier Türen bzw. Tore an den vier Seiten standen Tag und Nacht offen, so dass die Gänge sicher auch als beliebte Unterstellmöglichkeiten und nächtliche Rendezvousplätze genutzt wurden. Erst viel später wurden an Nord- und Südseite die baulich noch heute vorhandenen Türen angebracht und die ost- und westseitigen Gebäudeöffnungen im Erdgeschoß zugemauert. In das 1. Stockwerk und damit in die Obergeschoße überhaupt konnte man wie gesagt nur über die Freitreppe gelangen.
Im 1.
Stock waren das Ratszimmer (t), die Registratur (u), ein Bürgerstübel
(v) und ein sehr weiträumiger Vorplatz (y), der auch „Ratssaal“ genannt
wurde. Hier fanden nur die größeren öffentlichen Ratsversammlungen statt.
An Markttagen wurden dort Waren feilgeboten, und häufig wurden der Überlieferung
nach auch Tanzmusik und Bälle abgehalten. Die „Heizlokale“ (w), das
Sekret (o) und die Stiege (x) in den 2. Stock nahmen den restlichen Platz dieser
Etage ein.
Auch der Dachboden, in den eine gewendelte Treppe führte, diente als Zeughaus; es lagerten dort Hellebarden und Lanzen und die übrige Ausrüstung der Bürgerwehr. Auch ein Teil der Feuerlöschutensilien wie die ledernen Feuereimer wurden unter dem Dach aufbewahrt. Die normalen Verwaltungsgeschäfte, wie Verbriefungen, Zunftangelegenheiten usw. wurden weiterhin in der Alten Stadtschreiberei erledigt, denn der Stadtschreiber der zugleich Urkundsbeamter war, hatte dort nach wie vor sein Amtslokal, ja meistens auch seine Wohnung. |