Grabhügel
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Vorgeschichtliches Grabhügelfeld
bei Ortlesbrunn

Etwas außerhalb der eigentlichen Ortsbebauung von Ortlesbrunn, genauer fast auf der höchsten Stelle der Umgebung liegen die hier angesprochenen vorgeschichtlichen Grabhügel – oder das was noch davon übrig ist: im Seidelloheholz (Gemarkung Gunzendorf), in den Grünbaumäckern (Gemarkung Degelsdorf) und auf der Mausleite (Gemarkung Neuzirkendorf).
Im Laufe der Jahre wurden von den ursprünglich wohl über 35 Grabhügeln des
vorgeschichtlichen Friedhofs einige im Zuge der Bewirtschaftung „vom Pflug“ eingeebnet. Dabei steht das gesamte Areal des Grabhügelfeldes nach wie vor unter Denkmalschutz, d. h.,  Bodenbewegungen aller Art sind genehmigungspflichtig, und "wildes Graben" steht unter Strafe.

Die meisten der Grabhügel sind wie dieser hier (Foto Oktober 2005) von oben her trichterförmig angegraben und „ausgeleert“.
Die einzelnen Hügelgräber oder wie sie im Volksmund auch heißen "Keltengräber" sind unterschiedlich groß: das größte hat einen Durchmesser von ca. 19 Metern und eine Höhe von ca. 1,5 Meter. Die meisten haben einen Durchmesser zwischen fünf und acht Meter, ihre Höhe variiert zwischen einem halben und einem Meter.

Funde und die Suche danach

Zeichnung einer ca. 11,5 cm langen Hafte aus Bronze; diese Brosche stammt aus einem der Grabhügel bei Ortlesbrunn. (Nachl. Ohlenschlager Kartei, BLfD Regensburg)

In „Die vor- und frühge­schichtlichen Geländedenkmäler der Oberpfalz“ (Stroh/Kirmaier, Kallmünz 1975, Seite 103f) steht: „Am Rande der Hochfläche über dem von Ortlesbrunn her auslaufenden Tälchen, auf Oberkreide, 20 Hügel auf einer Ödung, 6 im Walde, alle angegraben. Genauere Berichte fehlen, doch muß hier zuerst 1878 der Ausgräber und Händler H. Hösch (Neumühle bei Waischenfeld/Ofr.) gewühlt haben. Seine hallstatt- und latènezeitliche Beute ging 1879 an das MVF Berlin. (Anm.: Museum für Vor- und Frühgeschichte, Berlin) Spärliche Hallstatt­keramik aus Grabungen des Eisenbahningenieurs Schwemmer 1901 oder früher gelangte in das StM Regensburg. (Anm.: Museum der Stadt Regensburg) Um 1910 soll weiter M. Herlitz (Pottenstein) gegraben haben, über seine Funde ist nichts bekannt. Hallstattliche Scherben, von H. Wagner (Weiden) 1929 in einem solchen gestörten Hügel gehoben, befinden sich in der PStlg. München.“

Ob diese beiden durchbohrten Knochenscheiben (Durchmesser ca. 4 cm) als Knöpfe verwendet wurden oder besondere Schmuckstücke darstellten? (aus Torbrügge Walter, Die Hallstattzeit in der Oberpfalz I, Kallmünz 1975, S. 268ff)

Einzelne Grabhügel und natürlich auch ganze Felder solcher haben sicher schon immer auch Grabräuber angezogen. So steht in einem Brief des Landesamtes für Denkmalpflege aus dem Jahr 1929 an oben genannten Hans Wagner über die Hügelgräber bei Ortlesbrunn u. a.: „Der von Ihnen erwähnte Herlitz aus Pottenstein ist uns wohlbekannt. Er war ein übler Raubgräber und Fälscher, die Knochenfälschungen der Fränkischen Schweiz gehen auf ihn zurück.“

Die Menschen vor fast 3.000 Jahren hielten ihre Kleider mit Gewandspangen, den so genannten Fibeln, zusammen. Nach ihrer Form bezeichnet man solche wie dieses in Ortlesbrunn gefundene Stück als „Kahnfibel“. (Torbrügge, a.o.O.)

Über die registrierten Funde heißt es an anderer Stelle: "... Ortlesbrunn, ... aus einem großen Grabhügel mit 2 Skeletten: a) Bronzehalsschmuck mit 6 Ringen, an den Armen je 7 steigbügelförmige Armringe von Bronze; b) 2 verzierte Bronzearmringe, Bronzefibel mit hohlem Bügel und hohlem Knopf am Fuß. (Auszug aus dem Separatabdruck aus dem LIV. Bande der Verhandlungen des historischen Vereins von Oberpfalz und Regensburg, Titel: Zum Schutze der prähistorischen Altertümer in der Oberpfalz)

In einem Brief des Ingenieurs Schwemmer aus Auerbach (er ist der Erbauer des Hauses Oberer Torplatz 16) an den Historischen Verein für die Oberpfalz in Regensburg vom 15. Februar 1901 steht: „… Trotz alledem (Anm.: der vorher stattgefundenen Raubgrabungen) ließ ich mich nicht abhalten, das scheinbar am wenigsten zerstörte Grab Nr. 19 in verständlicher Weise von der Seite her zu öffnen, wobei sich folgendes vorfand. In einem aus kleinen Kalksteinfindlingen zusammen­gesetzten länglichen Steinbau, der innen mit Thonscherben begrenzt war, fand sich eine Leiche, die mit Ausnahme einiger Röhrenknochen und Theile des Schädels, Zähnen, vollständig Aschenstaub war. Über dem Kopf lag eine größere Steinplatte, während der übrige Körpertheil mit Steinen und Erde bedeckt war. Als Grabbeigaben fand ich größere und kleinere runde Steine (Perlen), wie sie in der dortigen Umgebung häufig vorkommen. Seitlich der Leiche, jedoch etwas höher, fand ich eine größere Urne, in der wieder eine kleinere lag, die ich trotz aller Vorsicht in größeren Stücken, behufs wieder zusammensetzen nicht entfernen konnte, ferner einen kleinen Becher mit Handhabe, den ich in 3 Stücke gut zusammenfügen konnte. Bronze- und Eisenbeigaben fanden sich nicht, wie auch die Tongefäße Zeichnungen nicht aufzuweisen haben. Jedenfalls hat hier Leichenverbrennung und Leichenbestattung gleichzeitig stattgefunden.“ (Korrespondenz Schwemmer 1901, Grabhügel nw. von Auerbach; BLfD Regensburg)

Diese „Steigbügelring“ genannten Schmuckstücke aus Bronze stammen ebenfalls aus vorzeitlichen Gräbern bei Ortlesbrunn. (Torbrügge, a.o.O.)

Entstehung der Gräber
Die Grabhügel bei Ortlesbrunn entstanden in der Hallstattzeit und der frühen Latènezeit, zwei geschichtlichen Abschnitten vor Christi Geburt, die beide zur „Eisenzeit“ gehören. In dieser Zeit war die Besiedlung der Houbirg bei Happurg auf ihrem Höhepunkt.
Die vorgeschichtliche Eisenzeit (etwa 800 v. Chr. bis Christi Geburt) ist nach der Steinzeit (beginnend mit dem erstmaligen Gebrauch von Werkzeugen aus Stein durch den Menschen bis ca. 3.000 v. Chr.) und der Bronzezeit (etwa 3.000 v. Chr. bis 800 v. Chr.) üblicherweise die dritte große nach dem verwendeten Material zum Werkzeuggebrauch benannte Periode der Menschheitsgeschichte. In dieser Zeit begann man, Eisen für Werkzeuge und Waffen zu verwenden.

Zwei Eisenringe, ca. 2,5 und 1,5 cm im Durchmesser, aus den Grabhügeln bei Ortlesbrunn. (Torbrügge, a.o.O.)

Die Hallstattzeit
„Im Laufe des 8. Jh. vor Chr. vollzieht sich im südlichen Mitteleuropa der Wandel von der späten Bronzezeit (Urnenfelderzeit) zur älteren Eisenzeit (Hallstattzeit oder auch Hallstattkultur). Namengebend für diese Epoche der Vorgeschichte war das Gräberfeld von Hallstatt im Salzkammergut (Österreich), wo im 19. Jahrhundert mit über tausend Gräbern der bis­lang größte Friedhof dieser Zeit freigelegt worden ist.
Die Hallstattzeit wird nochmals in einen älteren Abschnitt - HaC (ca. 750-600 v. Chr.) - und einen jüngeren Abschnitt - HaD (ca. 600-450 v. Chr.) unterteilt.
Neben urnenfelderzeitlichen Traditionen im Siedlungswesen (Siedlungsräume, Siedlungsstrukturen, Hausbau), im Sachgut (z.B. Keramik), im Bestat­tungswesen (Brandbestattungen in Urnen und Gruben) erscheinen nun zu Beginn der älteren Hallstattzeit zahlreiche Neuerungen, die einen echten Kulturwandel belegen. … Im Bestattungswesen werden nun meist neue ausgedehnte Grabhügelnekropolen (z.B. Beilngries, Oberbayern; … Niedererlbach, Niederbayern; Prächting, Oberfranken; Schirndorf, Oberpfalz) angelegt. … Die späte Hallstattzeit geht ohne nennenswerten Bruch oder grundlegende Neuerungen im Sachgut, Siedlungs- und Bestattungswesen in die frühe Latènezeit über.“ (Quelle BLfD)

Dieses Bild zeigt bronzene Halsringe aus Ortlesbrunner Grabhügeln; der größte hat einen Durchmesser von ca. 22 cm. (Torbrügge, a.o.O.)
Funde aus Bronze deuten natürlich auch auf die der Hallstattzeit vorausgegangene Bronzezeit hin, besonders auf die mittlere Bronzezeit oder „Hügelgräber-Bronzezeit“ (etwa 1.600 bis 1.200 v. Chr.) und die späte Bronzezeit, auch „Urnenfelderzeit“ (etwa 1.200 bis 800 v. Chr.) genannt.

Die Latènezeit
Die La-Tène-Zeit oder La-Tène-Kultur (5. Jahrhundert v. Chr. bis 1. Jahrhundert v. Chr.) ist eine Epoche der keltischen Kultur der jüngeren vorrömischen Eisenzeit, die in starkem Maße mediterrane (griechi­sche/etruskische) Einflüsse aufgenommen hat. Ihren Namen hat diese Zeitspanne von dem Ort La Tène am Ostufer des Neuenburger Sees in der Schweiz, wo 1874 ein größerer Fund gemacht wurde. (nach)

Der für das hier behandelte Thema „Grabhügelfelder“ interessante Bestattungsritus war in der La-Tène-Zeit sowohl regional als auch zeitlich unterschiedlich. Im Westen und Süden des Verbreitungsgebiets herrschte zunächst noch wie bisher die Leichenbestattung vor, im Norden und Osten pflegte man die Verbrennung der Leichen. In einigen Regionen konnte darüber hinaus für eine gewisse Zeit (wahrscheinlich im 4. Jahrhundert v. Chr.) auch ein Nebeneinander von Erd- und Brandbestattung nachgewiesen werden.

Die ursprüngliche Form der vorgeschichtlichen Grabhügel wurde durch das unfachmännische Angraben von oben und den dabei anfallenden Erdaushub leider zerstört und verändert. Durch den z. T. sehr dichten Bewuchs mit Bäumen, niedrigem Gehölz, Sträuchern, Gestrüpp usw. sind sie aber auch geschützt vor Plünderern, die – früher wie heute – den Spuren unserer vorgeschichtlichen Ahnen auf den Fersen sind.

Leider gibt es immer wieder Zeitgenossen, die den Friedhof unserer Vorfahren auf der Höhe bei Ortlesbrunn gedanken- und pietätlos mit Abfällen, Bauschutt und anderem Müll verunzieren und verunehren.

Zeittafel mit den hier genannten Epochen der Vor- und Frühgeschichte.
Andere Hügelgräber findet man z.B. auf der Heuneburg, in Rechtenbach, in Uttendorf, am Glauberg, in Hallein, in Hallstatt, der Hohmichele, in Hochdorf, in Kehlheim, in Waldalgesheim, bei Reinheim, am Höcherberg, usw.

Alas, my love, you do me wrong,
aus Greensleeves

letzte Bearbeitung dieses Artikels am 28. November 2011

Bei Frau Dr. Gabriele Raßhofer von der Dienststelle Regensburg des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege bedanke ich mich herzlich für die große Hilfe und die Überlassung zahlreicher Unterlagen für diesen Artikel.

Für Ergänzungen, Korrekturen usw.
bin ich sehr dankbar.
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