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Joseph Köstler
(1849-1925)
Lehrer und Chronist |
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Joseph
Michael Köstler erblickte am 24. April 1849 im nach ihm benannten Gebäude,
dem Köstlerschulhaus
(Pfarrstraße 90) neben dem Pfarrhof, das Licht der Welt.
So sah der Aufgang
zur Pfarrkirche zur Zeit
Köstlers bis etwa 1960 aus.
Das Geburtshaus
von Joseph Köstler
steht rechts
neben der Treppe. |
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Wegen
seiner guten Begabung schickten die Eltern ihren Sohn Joseph an das
Lehrerseminar nach Eichstätt, das er, kaum 17 Jahre alt, im Jahr 1866 mit dem
besten Zeugnis seiner Klasse abschloss. Die folgenden Jahre wirkte Joseph zunächst
als Hilfslehrer in Treffelstein, Waldmünchen und Auerbach, dann war er kurze
Zeit Schulverweser in Nabburg. Als sein Vater Joseph Johann Köstler 1870 in den
Ruhestand trat, übernahm er dessen Stelle als Lehrer und Chorregent in seiner
Heimatstadt.
1876 ernannte ihn die Regierung zum Bezirkshauptlehrer, was heute
etwa der Stellung eines Schulrates entspricht. Im Jahre 1880 berief man Joseph Köstler
bei der Errichtung der Lehrerbildungsanstalt Amberg als Lehrer an die damit
verbundene Seminarübungsschule. Mit dieser Berufung war auch sein Umzug an den
neuen Dienstort verbunden, so dass die Lehr- und Chorregententätigkeit der
Familie Köstler in Auerbach anno 1880 nach über 100 Jahren endete.
Seminarlehrer in
Amberg
Über zwei Jahrzehnte lang half Joseph nun mit, die angehenden oberpfälzischen
Lehrer in die Praxis des Unterrichtens und des gesamten schulischen Lebens
einzuführen.
Köstler war, so wird von ihm gerühmt, ein begeisterter
Schulmann, der es hervorragend verstand, seine Begeisterung und seinen Schwung
an die jungen Leute weiterzugeben; er selbst fühlte sich am glücklichsten in
der Schule und im Familienkreis.
Joseph Köstler war auch ein großer
Naturfreund und eifriger Rosenzüchter, und liebte weite Spaziergänge und
Wanderungen.
Nachdem seine besondere Liebe von jeher der Geschichte gegolten
hatte, gehörte seit 1894 seine ganze Freizeit der direkten quellenmäßigen
Archivforschung. Im Verein mit den außerordentlichen Leistungen als Pädagoge
sollte gerade die Beschäftigung mit der Historie das Ansehen und Andenken
dieses Mannes begründen.
Um die Jahrhundertwende wurde Joseph Köstler kränklich und musste sich schließlich
1905 mit 56 Jahren in den vorzeitigen Ruhestand versetzen lassen. Nun hatte er
die nötige Zeit für sein Hobby! Nicht wie zuvor stundenlang saß er nun
tagelang, wochenlang im Amberger Archiv, studierte die alten Akten und Urkunden
und schrieb und schrieb.
Chronik der Stadt
Auerbach
Wenn auch Köstlers Hauptwerk eine Geschichte der Stadt
Auerbach, seiner Geburts- und Heimatstadt, geworden ist, so blieb doch seine
Arbeit durchaus nicht in den engen Grenzen einer Ortschronik eingefangen.
Vielmehr greift er darin immer wieder weit in die Historie der Oberpfalz hinein,
zeigt die Einwirkungen der Landespolitik auf die Entwicklung Auerbachs und setzt
so wieder den kleinen Sektor der ortsbegrenzten Forschung mit dem großen Ganzen
der Landesgeschichte zu einer Einheit zusammen.
Doch erweist sich Köstler nicht nur in seiner Geschichte von Auerbach als ein
vorzüglicher Kenner der allgemeinen Landesgeschichte. Ein weiteres Werk aus
seiner Hand, „Die Oberpfalz-Chronik“, bestätigt diese seine Forscherarbeit
auf Bezirks- und Landesebene. Neben kleineren geschichtlichen Aufsätzen in
historischen Zeitschriften schrieb Köstler noch die „Oberpfälzische
Walhalla“, eine Sammlung von Lebensbildern berühmter Oberpfälzer Frauen und
Männer. Ihren Namen trug sie in Anlehnung an die 1842 eröffnete Gedenkstätte
bei Regensburg.
Eine Ortsgeschichte von Ammerthal stammt ebenfalls aus Köstlers Feder.
Auch diese beiden umfangreichen Arbeiten blieben unveröffentlicht und
ungedruckt und bestehen nur in jeweils einem einzigen handgeschriebenen
Exemplar.
27
handgeschriebene Bände
Mit vollem Recht kann man die umfangreiche Geschichte der Stadt Auerbach
das eigentliche Lebenswerk Köstlers nennen, denn er hat über 25 Jahre und fast
bis an sein Lebensende daran gearbeitet. Den "offiziellen Beginn" der
Niederschrift legte er im Vorwort (3, ohne Seitenzahl) so fest:
O
Obwohl er als Privatgelehrter von
keiner Seite eine materielle Förderung oder Unterstützung erhielt, scheute er
weder Zeit noch Geld, um gerade die Geschichte seiner Heimatstadt so gründlich
wie möglich zu erforschen und anschaulich darzustellen. Mit Bilddrucken,
Zeichnungen, Fotos, Landkarten, Münzen und Marken bereicherte er die Ergebnisse
seiner Forschungen und fügte sie seinen schriftlichen Arbeiten bei. So
entstanden insgesamt 27 handgeschriebene Bände im Format 26 cm mal 22 cm.
Köstlers Geschichte der Stadt Auerbach und des Auerbacher Landes zeigt in
seiner Konzeption deutlich, dass der Verfasser ursprünglich gar keine
umfassende Stadtchronik schreiben wollte. Nach seinen persönlichen Bindungen
als ehemaliger Lehrer und Chorrektor der Stadt wollte er anfangs nur eine
Kirchen- und Schulgeschichte zusammenstellen. In seinem Vorwort schreibt
Köstler:
Die ersten fünf Bände umfassen
auch diese „Kirchen- und Schulgeschichte“. Bei den hierfür notwendigen
Forschungen in den zuständigen Archiven musste Köstler bald erkennen, dass
eine solche Darstellung der kirchlichen und schulischen Entwicklung nicht losgelöst
von der allgemeinen Ortsgeschichte sein könnte und deshalb auch gleichzeitig
eine Beschreibung der gesamten Historie der Stadt notwendig machte. So entstand
schließlich sozusagen als Folge der Einzelbeschreibung „Kirchen- und
Schulgeschichte“ die „Geschichte der Stadt“ als umfassende und ausführliche
Ganzheit.
Um
das Niederschreiben seiner Forschungsarbeiten in den Staatsarchiven Amberg und
Bamberg, im Diözesanarchiv Bamberg und in den umfangreichen, aber zur damaligen
Zeit relativ unübersichtlichen Archivbeständen der Stadt Auerbach bewältigen
zu können, halfen Köstler mehrere Leute. So erstellte Fotograf Anton Müller
die meisten Fotos und Zeichnungen, sein Bruder Luitpold schrieb sehr viele der
Artikel nieder.
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In diesem Haus Nr. 171
(beim Wongerroudn,
heute Unterer Markt 21)
wohnten die Brüder
Anton und Luitpold Müller.
Anton betrieb von 1911
bis zu seinem Tod 1938
ein "Photogr. Atelier"
und erstellte für Köstler
Fotos und Zeichnungen.
Luitpold schrieb viele
Artikel in den 27 Bänden
der Köstlerchronik nieder. |
Am
25. November 1925 schloss Joseph Michael Köstler in Amberg für immer seine
Augen: Auerbach hatte seinen großen Geschichtsschreiber verloren!
Ein altes schmiedeeisernes Grabkreuz auf dem
Auerbach Friedhof in der Nähe der Kirche
erinnert an die Köstler und ihr Wirken als Lehrer in Auerbach. „Wohl selten
hat sich eine Familie durch ihr Wirken zum Wohle der Stadt Auerbach in so
hervorragender Weise ein Denkmal gesetzt, wie dies die Köstler von Auerbach in
der Folge von nur drei Generationen getan haben. 145 Jahre dienten sie der Stadt
als Lehrer, Rektoren, Chorregenten und Historiker, 145 Jahre treuer, hingebender
Arbeit haben aber auch genügt, um den Namen Köstler für alle Zeiten
untrennbar mit Auerbach zu verbinden. Der Lebenslauf dieser Männer führte
durch hochpolitische, revolutionäre und kriegerische Zeiten, ihr Lebenswerk
aber bleibt unangetastet von der Parteien Haß und Gunst.“ (1)
Würdigung
Hubert Anders (1902-86, als Heimatvertriebener ein tüchtiger Forscher und guter
Kenner der Auerbacher Ortsgeschichte, seit 1979 Ehrenbürger der Stadt) würdigt
die Leistung Köstlers folgendermaßen: „Wenn heute einer Persönlichkeit in
der Bundesrepublik für ihre Verdienste um Volk und Vaterland die höchste
Ehrung zuteil werden soll, dann wird dies in dem schlichten, aber um so
eindrucksvolleren Satze zum Ausdruck gebracht: Er hat sich um Deutschland
verdient gemacht! Dieses höchste Lob, was einem Deutschen gegeben werden kann,
müssen wir abgewandelt dem Historiker Joseph Michael Köstler posthum
zusprechen: Köstler hat sich um Auerbach verdient gemacht!“ (1)
Als Schreiber der Artikel in der vorliegenden Webseite
und Verfasser mehrerer heimatkundlicher Arbeiten
weiß ich die Arbeit von Joseph Köstler
sehr zu schätzen.
Ein wenig kann ich auch erahnen,
wie viel Zeit und Fleiß
in den 27 Bänden
der Köstler-Chronik stecken.
Und das alles ohne Computer und ohne Textverarbeitung!
So kann ich der Feststellung von Hubert Anders
"Köstler hat sich um Auerbach verdient gemacht!"
nur voll und dankbar zustimmen. |
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Das
Wappen der Köstler, insbesondere das des Chronisten Joseph, wie es im
Rathaussaal vom Eingang aus links zu sehen ist, besitzt ein so genanntes
sprechendes Bild. Es ist gehälftet und zeigt links ein Doppelkreuz, was wohl
auf die innige Verbundenheit der Köstler mit dem Dienst an der Kirche hindeuten
soll. Die rechte Hälfte wird von einem Adlerflügel geschmückt, und erinnert an die alte Familienheimat Österreich, aus der die Köstler wohl um 1670
in die Oberpfalz gekommen waren.
Fritz
Schnelbögl, Auerbacher Chronist unserer Zeit und als ehemaliger Direktor des
Staatsarchivs Nürnberg sozusagen ein „Profi“, urteilt: „Köstler verstand
es, aus dem alten Aktengut die für die Stadtgeschichte wichtigen Nachrichten
zuverlässig herauszuholen. Ungenauigkeiten, Versehen und kleine Fehler kommen
vor, sie sind aber angesichts des riesigen Stoffes durchaus verzeihlich. Daß er
oft allgemeine geschichtliche Vorgänge allzu breit darstellt und daß er sich häufig
wiederholt, erschwert manchmal die Lektüre des inhaltlich nicht immer
gestrafften Werkes. ... Wer ohne Voreingenommenheit Köstlers Werk liest, wird
ihm zugestehen müssen ein ehrliches Ringen um geschichtliche Erkenntnisse und
wird gerne hinwegsehen über manches bittere Wort, das ihm entschlüpfte aus
Verdruß und Ärger über kleinstädtische Unzulänglichkeiten, über
Unduldsamkeit und Unverständnis. Bleiben wird die Leistung, den Schatz eines
ungeheuren geschichtlichen Stoffes gehoben zu haben.“ (2, Seite 245 ff)
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Schon
im Jahre 1927
wurde am Geburtshaus
von Joseph Köstler,
dem alten Lateinschulhaus
auf dem Kirchplatz
(Pfarrstraße 90)
an der Giebelwand
eine Marmortafel
eingelassen, die
an den großen Sohn der Stadt
erinnern soll.
Das Haus ist auch bekannt unter
Lateinschulhaus
und Metzschulhaus. |
Die
Stadt Auerbach frischte in unseren Tagen das Andenken an ihren großen
Chronisten durch die Benennung eines Straßenzuges im neuen Siedlungsgebiet auf
dem Rosenhof auf: Der Köstlerring (BayernAtlas)
soll heutige und künftige Generationen an
Joseph Michael Köstler (1849-1925) erinnern, der am 24. April 1849 in
unseren Mauern zur Welt kam und "sich um Auerbach verdient gemacht
hat".
verwendete
und weiterführende Quellen
1 |
Anders,
Hubert, Die Köstler von Auerbach - das Bild einer berühmten Familie, in Der neue Tag, 12. Mai
1970
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2 |
Schnelbögl,
Fritz,
Auerbach in der Oberpfalz, Auerbach 1976 |
3 |
Köstler Joseph, Chronik der Stadt Auerbach,
Band 1, Auerbach 1906,
Lagerort Archiv der Stadt Auerbach |
letzte Bearbeitung dieses Artikels am 11.
Februar 2016
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