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Hammergut
und Dorf
Altneuhaus
Altneuhaus lag an der alten Reichsstraße 85,
die früher von Bayreuth über Kirchenthumbach und Haag hier vorbei und weiter
nach Schlicht (heute Ortsteil der Stadt Vilseck) und Amberg führte. Sie ist
hier gelb eingezeichnet.
Wegen der Erweiterung des Truppenübungsplatzes
Grafenwöhr wurde die Trasse der R 85 mit Erlass des OKH
vom 8. Mai 1937 in Absprache mit dem Generalinspekteur für das deutsche
Straßenbauwesen über Pegnitz, Michelfeld, Auerbach, Edelsfeld usw.
als R 85 (neu) verlegt (heute B 85). Der neue Straßenteil (ca. 30
km lang) wurde am 1. April 1938 seiner Bestimmung übergeben.
Mittelpunkt der kleinen Ortschaft Altneuhaus (Foto um 1900, aus
3) war zweifelsohne das alte Gut, das unmittelbar an der Südostspitze des
großen Hammerweihers lag. Auf folgendem Plan (nach 1, Seite 165) trägt das Gut
die Nummer 1, und es gehören die Hausnummern 1 bis 5 dazu.
Das Hammergut Altneuhaus
lag
unmittelbar an der Reichsstraße, die zwischen ihm und dem dazugehörigen
großen Hammerweiher verlief. Es trug die Nummer 1 und umfasste die
Gebäude 1 bis 5. (Plan von Altneuhaus nach 1, Seite 165; gelb eingezeichnet die
R85)
Im Osten und Norden schloss sich an das Gut eine ganze Reihe von Weihern an, die
allesamt der Fischzucht dienten.
"Der
Hammer Altneuhaus wurde 1326 erstmals im bayrischen Salbuch als ´Hammer zu
Newmhaus, Amt Amberg´, erwähnt. 1387 bis ca. 1600 war auch hier wie in
Altenweiher die Familie Hegner Besitzer. 1387 wurde Hans Hegnein der Hammer ´zu
dem Newenhaws´ zugeschrieben. 1444 Hammer ´zu dem Newenhause´ und ab 1665
Hammergut ´Neuhauss´. Der Name Alt-Neuhaus taucht erst 1773 auf,
vermutlich um dieses ältere Neuhaus gegen das jüngere Neuhaus
an der Pegnitz namentlich abzugrenzen. (Anm.: jenes Neuhaus an der Pegnitz wird
bereits 1269 als novum castrum genannt; es könnte also auch Neuhaus
bei Windischeschenbach gemeint sein, dessen Burg um 1300 errichtet wurde.
Bekannt ist auch das Geotop Altneuhaus im Waldnaabtal,
nach dem sich eine Musikkapelle
nennt.)
Um
1600 kam der Hammer an die Familie Heber, danach an die Familie Kleßhammer.
1673 verstarb Kleßhammer, die Witwe heiratete einen Schreyer von Blumenthal.
Wegen hoher Verschuldung von Blumenthals gelangte der Hammer an Hektor von
Fischbach. Dieser veräußerte den Hammer 1722 auf Grund schlechter Geschäfte
an Georg Graf aus Oberweißenbach, den Vorfahren des von Grafenstein'schen
Geschlechts auf Gänlas. Georg Graf übergab seinem älteren Sohn, Johann Georg,
Gut und Hammer Altneuhaus (der jüngere Sohn Georg Graf erhielt Heringnohe).
Bereits 1757 konnte Johann Georg Graf den Hammer Gänlas
von Maximilian von Blumenthal hinzukaufen, der wegen Überschuldung auf die Gant
kam.
Am 2. 12. 1757 wurde dieser
Johann Georg Graf
durch den Kurfürsten Max
Josef
(Anm.: Maximilian III. Joseph Karl,
Kurzform Max III. Joseph, 1727-1777)
in den Adelsstand erhoben, weil er als
einfacher Bauer mit viel Fleiß und
Klugheit
zwei Landsassengüter erwerben konnte."
(1, Seite
34)
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Johann Georg
- nunmehr also von
Grafenstein - brachte Gut und Hammer Altneuhaus langsam wirtschaftlich wieder in die Höhe.
Sein Nachkomme Max Anton richtete 1840 in sechs gutseigenen Teichen eine
Blutegelzucht ein. Blutegel
spielen in der medizinischen Therapie
schon seit über 2.000 Jahren eine wichtige Rolle. (nach 8, Seite 65)
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1873 erwarb der Bayreuther Bankier
Friedrich Feustel
(1824-91) Gut Altneuhaus.
Er war Mitglied des bayer. Parlaments (1863-69)
und des Deutschen Reichstags (1877-91).
Mit Richard Wagner
war er
freundschaftlich verbunden und gilt
als großer Förderer der Bayreuther
Festspiele. |
Sein
Sohn Franz Feustel (1851-1908) übernahm das Gut 1880 und "ließ zunächst
den Hammer eingehen, verschaffte Altneuhaus aber dann durch große Anstrengungen
in Landwirtschaft und Fischerei wieder eine gesunde Basis. In den 90er Jahren
verpachtete er das Sägewerk an den Handelsmann Probst von Haag, der als tüchtiger
Geschäftsmann anschließend ein eigenes Sägewerk in Vilseck eröffnete." (1, Seite
34)
Franz Feustel erwarb 1887 auch das Gut Langenbruck,
das er 1891 an seinen Bruder Christian, Kaufmann in Bayreuth, verkaufte.
Dieser erwarb 1904 auch das Hammergut Hellziechen
dazu und veräußerte beide Anwesen 1913 an Fritz Persch.
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Franz Feustel starb 1908
und ist in der Familiengruft
beigesetzt, in der schon
zwei seiner in jungen Jahren
verstorbenen Kinder lagen.
Später (1915) wurde auch
seine Gattin Anna
hier beerdigt.
Die "Feustelgruft" liegt
am Westufer des Hammerweihers.
(Foto April 2010, aus 3)
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Nachfolger
von Franz Feustel als Gutsbesitzer in Altneuhaus wurde 1908 Sohn Adolf, der 1905 diese
Karte geschrieben hat: (aus 4)
Das
Rittergut Altneuhaus war eine staatliche Anlage, wie auch diese alte
Ansichtskarte aus der Zeit um 1900 verdeutlicht.
"Durch eine großzügige
Einfahrt gelangte man von der Reichsstraße am Herrenhaus vorbei in den geräumigen
Innenhof, der von div. Nebengebäuden umschlossen war. Das Herrenhaus des
Hammergutes beherbergte noch bis 1951 das Militärforstamt (ehemaliges
Heeresforstamt) des Truppenübungsplatzes Grafenwöhr." (Text 1, Seite 165; Bild
aus 4)
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Zum Gut Altneuhaus
gehörte auch diese Kapelle
links an der Einfahrt.
Sie hatte ein Zwiebeltürmchen
und war der hl. Maria
Magdalena
geweiht. Die Turmhaube
wurde später auf einen
ehemaligen Stall
der bespannten Artillerie
aufgesetzt, der zur
"Südlagerkapelle"
umfunktioniert wurde.
(Foto aus 3) |
Der große Hammerweiher war eines von
zahlreichen Gewässern der Gegend und bildete auch eine idyllische Wasserfläche,
wie das folgende alte Foto zeigt.
"Zum
Gut Altneuhaus gehörte ab 1716 auch der Fischhof, so genannt nach der auf ihm
intensiv betriebenen Fischzucht. Dieser ursprünglich selbstständige Hof wurde
1565 erstmals urkundlich erwähnt als ´Vischhof´, gehörig einem Untertan des
Amtes Vilseck. 1602 wird er beschrieben als ´Vischhoff an den Hamer zu Neuen
Hauß gelegen´. 1812 erscheint er nochmal unter Altneuhaus als ´der sogenannte
Fischhof, bestend in Feldern und Wiesen´. Danach ist der Name erloschen."
(1, Seite 165)
Im Winter bot der zugefrorene Hammerweiher eine
von alt und jung gern
genutzte Eisfläche.
Letzter Eigentümer von Gut Altneuhaus bei der
Ablösung 1937 war Christian Streng, der das Anwesen 1936 von der
Volksbank Vilseck erworben hatte.
Die Schule Altneuhaus
Einige Anwesen des Dorfes
lagen in Richtung Grünwald,
so z.B. das
Schulhaus
(HNr. 9; blauer Pfeil; Plan nach 1, Seite 165).
Das Schulhaus von Altneuhaus
war erst 1876 hier an dieser Stelle
als Nachfolger
der alten Klausenschule
von Altenweiher gebaut und eingeweiht worden. |
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Das für den Schulhausbau benötigte Grundstück
hatte Friedrich Feustel kostenlos zur Verfügung gestellt. Feustel war,
wie schon ausgeführt, Bankier in Bayreuth, und hatte erst 1873 das
über 228 ha große Gut Altneuhaus erworben.
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Im Erdgeschoß
waren ein Schulsaal
mit sechs Fenstern,
ein Wohnzimmer und
eine Küche für den Lehrer.
Im 1. Stock waren
zwei Räume.
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In die Schule
Altneuhaus
gingen auch die Kinder
aus Altenweiher, Grünwald,
Heringnohe, Kittenberg,
vom Sorghof
und vom Wirlhof.
Der Unterrichtsbetrieb wurde im Frühjahr 1937 zunächst eingestellt und die ca.
80 Kinder wurden mit einem Bus nach Vilseck und zurück gefahren. Doch vom 15. Februar 1938
an wurde das Schulhaus in Altneuhaus wieder genutzt. Dazu war die Lehrerwohnung
im Erdgeschoss zu einem zweiten Unterrichtsraum umgebaut worden.
Bei Kriegsende war von Ende April bis Anfang November 1945 keine Schule. Der Unterricht
in Altneuhaus begann nach Genehmigung durch die US-Behörden erst wieder am 5.
November 1945.
Über 250 Kinder wurden jetzt im Schulhaus
Altneuhaus (Foto aus 4) hier in drei Abteilungen einer einzigen Klasse
unterrichtet. Ein Jahr darauf konnten zumindest zwei Klassen gebildet werden,
und ab 1. September 1947 waren es dann vier Klassen.
Nach der Einweihung des neuen Schulhauses (gemeinsam mit der Kirche) in Sorghof
am 19. August 1951 konnte dort Anfang Oktober der Unterrichtsbetrieb aufgenommen
werden. Das Schulhaus Altneuhaus hatte bereits im September 1951 endgültig
geräumt werden müssen.
Die Volksschule Sorghof (Grundschule) hatte bis 30. Juli 1972 Bestand, nachdem
bereits drei Jahre zuvor die Klassen 5 mit 9 nach Vilseck eingegliedert worden
waren. Zum 1. August des Jahres 1972 wurden die in Sorghof verbliebenen Klassen
1 mit 4 in die neu gebildete "Volksschule Schlicht (Grundschule und
Teilhauptschule I)" umgegliedert. Das Schulhaus in Sorghof wurde bis 30.
Juli 1980 für ausgelagerte Klassen der Volksschule Schlicht genutzt. (nach 5,
Seite 132f)
Die Mädchen und Buben aus dem gesamten Gebiet besuchen seither die Volksschule
Vilseck, nachdem bereits zum 1. April 1971 die Eingemeindung in die Stadt Vilseck
erfolgt war.
Das Ende von Altneuhaus
Am Heiligen Abend des Jahres 1936 wurde das Heeresbauamt Bayreuth gegründet und
mit der Errichtung eines Truppenlagers im Raum Altneuhaus beauftragt. Für das
uralte Hammergut bedeutete dies das Ende.
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Der letzte Eigentümer
von Altneuhaus Christian Streng
wurde
1937 abgelöst,
nachdem er wie alle
Anwesensbesitzer
im Erweiterungsgebiet
von der RUGes
einen solchen Brief
erhalten hatte.
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Das Truppenlager Altneuhaus
erhielt den Namen Südlager
Bald nach Ende des 2. Weltkrieges richteten die US-Amerikaner im Südlager Vilseck ein
Ausbildungszentrum für Panzereinheiten ein. Zum Gedenken an den am 30. März
1945 bei Paderborn gefallenen Kommandeur der 3. amerikanischen Panzerdivision,
Generalmajor Rose, erhielt das Südlager den Zusatz "Rose
Barracks".
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Die Gebäude für
die Truppenteile, die
Wohneinheiten für die
Soldaten und ihre Familien,
sowie die dazugehörigen
Versorgungseinrichtungen
wurden in den letzten Jahren
ständig erweitert.
Heute geht die Bebauung
der "ROSE
BARRACKS"
fast unmittelbar an den
großen Hammerweiher.
Von Altneuhaus gibt es
praktisch keine Spur mehr. |
Oder gibt es doch noch Spuren, die es
nur zu entdecken gilt?
2009 stand in der SCHAUHUETTE
zu lesen: "Zur Zeit führen
wir Sondageuntersuchungen im Areal der Wüstung Altneuhaus bei Vilseck-Sorghof (Lkr.
Amberg-Sulzbach) durch, da Neubaumaßnahmen im Bereich der Zufahrt in das
US-amerikanische Südlager Vilseck des Truppenübungsplatzes Grafenwöhr
vorgenommen werden sollen. ... Die Sondageschnitte erbrachten zahlreiche Befunde
zum neuzeitlichen Hammerwerk mit gut erhaltenen Bauresten des 17. bis 20.
Jahrhunderts. Die Mauerbefunde zeigen eine dichte Bebauungsstruktur des Areals
an. Massivste Schlackeschichten legen außerdem ein eindrucksvolles Zeugnis der
Eisenverhüttungstradition an diesem Platz ab. Falls die Baumaßnahmen wie
geplant durchgeführt werden, würde es in Altneuhaus wohl zu großflächigen
Grabungen kommen, die erstmals in der Oberpfalz einen Einblick in die
Entwicklung eines spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Hammerwerks
erbringen könnten." (Quelle)
verwendete Quellen
1 |
Griesbach, Eckehart, Truppenübungsplatz Grafenwöhr, Behringersdorf 1985 |
2 |
Archiv Michael Hiller, Grafenwöhr |
3 |
Archiv Willi Zinnbauer, Sorghof |
4 |
Archiv Armin Knauer, Grafenwöhr |
5 |
Hierold, Eugen, Die Schulen Altneuhaus und
Sorghof, in Chronik der Stadt Vilseck, Vilseck 1981 |
6 |
Truppenübungsplatz Grafenwöhr,
Chronik der ehemaligen Standortverwaltung Grafenwöhr, mehrere Ordner, unveröffentlicht |
7 |
Burckhardt, Paul, Die Truppenübungsplätze Grafenwöhr, Hohenfels, Wildflecken,
Weiden 1989 |
8 |
Chronik der Ortschaft Sorghof, Sorghof 1988 |
|
Mädl, Helmut, Die Geschichte des Truppenübungsplatzes Grafenwöhr, 1980 |
|
Müller, Gerhard, 1. Oberpfälzer Kultur- und Militärmuseum
Grafenwöhr, Grafenwöhr
1990 |
|
Kugler, Hans-Jürgen, Hopfenohe - Geschichte
einer Pfarrgemeinde, Auerbach, 1997
(Bezugsquelle, auch als CD
erhältlich) |
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Morgenstern, Gerald, Truppenübungsplatz
Grafenwöhr, gestern - heute, Grafenwöhr 2010 (Neuauflage) |
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Nehmt Abschied Brüder
Text: Claus Ludwig Laue, 1946
Melodie: schottisch |
Für Ergänzungen, Korrekturen usw.
bin ich sehr dankbar.
Hier können Sie mich erreichen!
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letzte Bearbeitung dieses Artikels am 26. September 2021
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