| |
1bkk.jpg)
Stadtmauer
und Stadtgraben
in Auerbach
Im Mittelalter hatten nur
Städte das
Privileg zur Errichtung von Mauern und Türmen. Als Auerbach anno 1144 zum
Markt erhoben wurde, mussten sich die Bewohner deshalb auf eine andere Weise schützten.
Sie taten dies auf eine einfache Art: Sie umgaben den Ort mit einem breiten und
tiefen Graben, häuften das ausgehobene Erdreich am Rande zu einem Wall an, umzäunten
den inneren Grabenrand mit langen Pfählen, und schon war die „Festung“
fertig.
Wenn dieser erste Befestigungsgraben auch nur ca. 8 m breit und etwa ebenso tief
war, konnte er mögliche Angreifer doch zumindest aufhalten. Dabei darf auch
nicht vergessen werden, dass die Bewaffnung in dieser Zeit
ganz anders aussah als heute, und ja nur aus Pfeil und
Bogen, Lanzen usw. bestand.
Auf dem verhältnismäßig kleinen ovalen Raum innerhalb des Grabens - der Markt
Urbach umfasste nur die weiter unten eingezeichneten Stadtviertel 1 und 4
- standen die
Häuser dicht aneinandergedrängt. An eine Auflockerung durch Gärten oder Grünanlagen
war nicht zu denken. Die sowieso schon schmalen Gässchen wurden durch Holzstöße,
Misthaufen, landwirtschaftliche Geräte, Werkstätten usw. noch mehr eingeengt.
Mit der Erhebung zur Stadt anno 1314 hatte Auerbach auch das Recht erworben,
eine ordentliche Bewehrung mit Mauern, Türmen und Toren anzulegen. Die
nunmehrigen „Bürger“ bauten die vorhandene Befestigung im Laufe der nächsten
Jahrzehnte also weiter aus. Die endgültige Befestigungsanlage konnte aber erst
über 100 Jahr nach der Stadterhebung fertig gestellt werden. (Stich von Matthäus
Merian, 1593-1650)

Der Stadtgraben
Der schon vorhandene Graben konnte beim Ausbau der mittelalterlichen Befestigung
nach der Stadterhebung 1314 aus verständlichen Gründen nur zum Teil verwendet werden.
k.jpg)
Durch die Erweiterung um die Stadtviertel 2 und
3 kam praktisch der ganze Untere
Markt dazu, und somit war nun ein wesentlich größerer Bereich zu schützen.
(Planskizze nach 1, Seite 193; Legende
dazu)
Der Stadtgraben bekam nun nach und nach eine Tiefe von 10 bis 15 Meter und eine
Breite von 12 bis 16 Meter, je nach Gelände und Bodenbeschaffenheit. Senkrechte
Mauern verhinderten ein Nachrutschen des Erdreichs; dabei wurde die Mauer am
stadteinwärts liegenden Rand wohl gleich etwas höher gezogen, unklaren alten
Beschreibungen nach etwa mannshoch.
Den Teil des Stadtgrabens etwa vom Beginn der Bachgasse bis zum
„Unteren Tor“ nannte man auch „Schlossgraben“. Er war im Gegensatz zum
übrigen Graben mit Wasser gefüllt und wurde vom jeweiligen Landrichter als
Fischwasser genutzt.
Den Wall, der die außerhalb der Mauer liegenden „Behälterweiher“
vom Schlossgraben trennte, bepflanzten die Landrichter mit Obstbäumen und
nannten ihn „Schlossgarten“. Im Laufe der Zeit wurde der Schlossgraben
dann trockengelegt, aufgefüllt und zur Vergrößerung des Schlossgartens
verwendet.
Erst um 1810 erwarb der Rittergutbesitzer Jakob von Sonnenburg vom
Staat den Schlossgarten und einige Jahre später von der Stadt auch die
angrenzenden Teile des Zwingers und der Stadtmauer. Dieser Mann wurde übrigens
bei der Wahl nach dem „Gemeindeedikt“ von 1818 erstmals einziger
Bürgermeister
der Stadt; in den vorausgegangenen Jahrhunderten hatten sich jeweils vier Bürgermeister
im vierteljährlichen Turnus bei jährlicher Neuwahl abgelöst.
1sk.jpg) |
Die Grabplatte des
Jakob von Sonnenburg
ist an der Friedhofskirche
St. Helena zu sehen.
Er hat vor rund 200 Jahren
u.a. Teile des Zwingers
und der Stadtmauer
erworben. |
Der weitaus größte Teil des Stadtgrabens war nicht mit Wasser gefüllt,
enthielt jedoch überall Löcher und kleine Gruben, in denen sich das
Regenwasser sammelte; praktisch standen so am Grabengrund das ganze Jahr über
mehr oder weniger große Wasserlachen. Der Stadtgraben war in einzelne
Abschnitte aufgeteilt und von der Stadt verpachtet, vorwiegend an die „Torwärtl“
genannten Torwächter und andere städtische Bedienstete wie Stadtknecht und
Flurwärter, „Flurer“ genannt. Die Pächter waren recht froh darüber,
hatten sie doch in unmittelbarere Stadtnähe z.B. Weideplätze für ihre Ziegen.
So hatte lange Zeit der Flurer, der früher zugleich Abdecker oder Schinder war,
den Stadtgraben vom Schwedenturm bis dorthin, wo der Bach in die Stadt
hereinkam. Diesen Teil nannte man auch Hundsgraben, weil hier der Landrichter
Klaus Heinrich von Ebersbach, der 1594-97 zugleich Oberforstmeister der
Oberpfalz war, seine zahlreichen Jagdhunde untergebracht hatte. Der Schinder,
der im daneben stehenden Hundsturm wohnte, fütterte die Tiere mit dem bei
seiner Tätigkeit anfallenden Fleisch.
Insgesamt boten die Stadtgräben wohl einen eher unangenehmen und
unappetitlichen
Anblick, denn es gab in der damaligen Zeit, anders als heute, ja keine geordnete
Müllabfuhr. So warfen die ehrsamen Bürger allen möglichen Abfall und altes
Gerümpel (Sperrmüll!) einfach, meist bei Nacht und Nebel, über die kleine
Stadtmauer in den Graben, für dessen Reinigung sich niemand zuständig fühlte.
Im zweiten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts wurden die Flächen des Stadtgrabens
dann verkauft. Die meisten Abschnitte waren auch schnell an den Mann zu bringen,
denn die Anlieger konnten so ihre Grundstücke vergrößern. „Der Verkauf des
Stadtgrabens war und ist eine große Dummheit, wie denn jeder Verkauf eines
Gemeindegrundes in der Nähe der Stadt eine unverzeihliche Kurzsichtigkeit ist.
Die Stadtgräben hätte man zu den herrlichsten Promenaden umwandeln können.
... Die Hauptschuld an dieser Dummheit hat aber der Staat, der die Stadt zum
Verkauf fast zwang; die Stadt hatte nämlich 1808-1818 kein
Selbstverwaltungsrecht.“ So kommentierte Joseph Köstler. (2, Seite 62 f)
Die
Stadtmauer
Unmittelbar am inneren Rand des Stadtgrabens stand wie schon gesagt eine
niedrigere Vormauer, die kleine Stadtmauer. Stadteinwärts folgten die Zwinger,
eine zwischen 2 und 4 Meter breite Fläche, die sich zwischen der kleinen und der
dann stadteinwärts folgenden großen Stadtmauer rund um die Stadt zog.
Die eigentliche Stadtmauer war immerhin 7 bis 8 Meter hoch und zwischen einem
und zwei Meter dick; unmittelbar an den Toren und an anderen besonders gefährdeten
Stellen war sie stärker und höher angelegt. Bei der Errichtung hatte man zwei
Mauern hochgezogen und deren Zwischenraum mit Mörtel und Steinen aufgefüllt.
 |
Die obere Hälfte der Mauer war aus Steinquadern
gemauert und hatte nach außen in den Sandstein gehauene Schießscharten.
Innen waren, wie man auf nebenstehender Zeichnung aus der Köstler-Chronik (2; hier eine Mauerpartie beim Predigerturm) sehen kann, etwa auf halber Höhe hölzerne Wehrgänge gebaut. Zum Schutz
gegen die Witterung trugen die Mauer und der Wehrgang ein mit Holzziegeln
gedecktes Dach. |
Um 1460
war die hier dargestellte Erneuerung und Verstärkung der Befestigungsanlagen
nahezu abgeschlossen. Die Stadt muss damals in der Mitte des 15. Jahrhunderts
schon einen imposanten und für mögliche Feinde uneinnehmbaren Eindruck gemacht
haben, denn hinter dem tiefen und breiten Graben, über den vorderen Mauerring
und die freie Fläche der Zwinger ragten aus der hinteren Mauer über zehn Türme
(einschließlich der Tortürme) und drei mächtige Tore. Aus den Schießscharten reckten die großen Kartaunen
drohend ihre Feuerschlünde, ...
Die Kartaune
war ein Vorderladergeschütz
des 15./16. Jahrhunderts.
Aus ihr entwickelten
sich
die leichteren Schlangen
und später die Kanonen. |
 |
... und auf den Wehrgängen und in den
Zwingern übten sich die Bürger für den Verteidigungsfall. „Schon von ferne
verkündete die Stadt mit ihren stattlichen Mauern, Thürmen und Häusern den
Wohlstand ihrer Bürger“, schreibt Köstler über diese Zeit.
Dafür musste die Stadt und ihre Bürger eine Menge Geld aufbringen, auch wenn
sie dafür von den jeweiligen Landesherrn praktisch in der ersten Hälfte des
15. Jahrhunderts, also in und nach den Husittenkriegen, die Abgaben erlassen
bekamen. Die Bürger mussten darüber hinaus auch kostenlose Frondienste
leisten. Überliefert ist auch, dass so manchen ertappte Übeltäter in der
Weise bestraft wurde, dass er z.B. Steine brechen, Mauern errichten, Holz
liefern und bearbeiten musste usw.. In zahlreichen Überfällen und Kriegen erfüllte
die Stadtmauer ihre Aufgabe zum Schutz Auerbachs. Dafür musste die gesamte
Befestigungsanlage auch ständig gewartet und aus- und verbessert werden, was
wiederum viel Geld verschlang.
Gegen Ende des 18. Jahrhunderts untersagte die Regierung der Stadt Auerbach,
ihre Mauern, Türme und Tore weiterhin zu unterhalten. Die Anlagen verfielen
deshalb rasch. In einem Bericht an die Regierung vom 3. März 1810 steht, dass
beim Oberen Tor das Dach der Mauer bis herunter zum Wehrgang auf eine größere
Strecke hin eingestürzt sei und zu erkennen sei, dass noch weitere Einstürze
unmittelbar bevorstünden, was wiederum mit großer Gefahr für Mensch und Tier
verbunden wäre. Weil das Ausbessern auf höchste Anordnung hin verboten und
auch kein Geld dafür vorhanden sei, bat der Magistrat um die Erlaubnis, die
Mauer bis zum Wehrgang abzubrechen. Den unteren Teil wolle man stehen lassen und
mit Erde und Rasen abdecken; ein Abriss dieses Restes rentiere sich nicht, da es
sich dabei nicht um verkäufliche Steinquader handle.
Die Regierung ordnete nun ihrerseits den umgehenden Verkauf der Stadtmauer, des
Grabens und der Rondelle. Wie beim Stadtgraben wurden einzelne Abschnitte
gebildet und die Mauer mitsamt des anschließenden Zwingers an Privatpersonen
verkauft.

Nur mehr einige wenige kümmerliche Überreste
(hier nahe beim ehemaligen Schloss; am Anfang dieses
Artikels der gleiche Mauerrest von der anderen Seite her gesehen) sind von der einst
stattlichen Mauer übrig geblieben.
verwendete Quellen
1 |
Rühl, Eduard, Kulturkunde des Pegnitztales
und seiner Nachbargebiete, Band V der Schriftenreihe der ANL,
Nürnberg 1961 |
2 |
Köstler, Joseph (1849-1925), Chronik der
Stadt Auerbach, Band 16 des handgeschriebenen siebenundzwanzigbändigen
Werkes, Lagerort Rathaus der Stadt Auerbach i.d.OPf. |
letzte Bearbeitung dieses Artikels am 26. April
2012

 |
Wenn Sie Kontakt mit mir aufnehmen möchten,
können Sie mich hier
oder telefonisch unter 09643 683 erreichen.
Über Anregungen usw. freue ich mich.
|

 |