Alte Post
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Die "alte Post"

Rund um den Marktplatz von Auerbach gibt es eine ganze Reihe geschichtsträchtiger Anwesen; eines der ältesten und interessantesten ist das Haus Oberer Marktplatz 12, früher Hausnummer 93 (oben rechts; Detail einer Ansichtskarte, um 1910; aus 1). Es wurde wohl gleichzeitig mit der alten Stadtschreiberei (oben links), dem ursprünglichen Rathaus, kurz nach der Stadterhebung von 1314 erbaut. 
Das damals in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts errichtete Gebäude hatte eine viel kleinere Grundfläche als heute und war eher turmartig hochgezogen. Ratsdiener und Stadtknecht hatten darin ihre Wohnung, daher auch der ursprüngliche Name Büttelei. Im Erdgeschoss zum Marktplatz hin befanden sich mehrere Gefängniszellen und von Anfang an auch ein Kramladen.

Zollfreiheit mit Nürnberg
Im Zusammenhang mit diesem uralten Recht war im Mittelalter ein sonderbar anmutendes Servitut mit diesem Anwesen verbunden.
Kaiser Karl IV. (1316-1378) verlieh am 25. November 1366 den Bürgern von Auerbach in einem denkwürdigen Privileg das Recht, dass sie und ihre Nachkommen in Nürnberg auf ewige Zeiten zollfrei sein sollten für alle dorthin eingeführten und von dort ausgeführten Waren. Zwei Jahre später wurde zusätzlich vereinbart, dass die Auerbacher jährlich an Michaeli (29. September) als symbolisches Zeichen für diese Zollfreiheit an die Stadt Nürnberg einen weißen Becher mit Pfeffer, ein weißes Stäblein und zwei weiße Handschuhe überbringen mussten. Um die Abgabe auf alle Zeiten zu sichern ohne den Stadtsäckel zu belasten, wurde der jeweilige Inhaber des Hauses Nummer 93 bzw. der Betreiber des sich darin befindlichen Kramladens verpflichtet, diese Aufgabe zu übernehmen.
Die Übergabe der festgelegten Gaben erfolgte über 100 Jahre lang in feierlicher Weise mit Musik; 1491 erließ der Rat von Nürnberg aus Kostengründen die Verpflichtung, Spielleute mit zu bringen. Gegen Ende des 16. Jahrhunderts wurden die symbolischen Abgaben in einen halben Gulden umgewandelt. Diese Gebühr wurde letztmals 1814 nach Nürnberg entrichtet. (nach 2, Seite 303)

Verkauf an Privatleute
Als 1418 das jetzige Rathaus erbaut wurde, verkaufte man die nun nicht mehr benötigte Büttelei an Privatleute. Apotheker, ein  Goldschmied, Schuhmacher und vor allem immer wieder Kramer, oder wie sie zeitweise hießen Fragner, waren so über ein halbes Jahrtausend die Inhaber dieses stattlichen Gebäudes, dessen Vorderfront 1706 weiter auf den Marktplatz herausgerückt werden durfte und dadurch auch eine größere Tiefe als die benachbarte Stadtschreiberei erhielt.
Um 1800 gab Elias Ignaz Kradl, Kramer, Tuchmacher und Bürgermeister, dem ganzen Anwesen in etwa sein heutiges Aussehen und Ausmaß, indem er mit Zustimmung des Pfarrers von der Stadt Grund auf dem Kirchplatz erwarb und das Haus einschließlich Nebengebäude vollständig neu aufbaute.

Postamt
Anno 1813 erwarb der Tuchmacher Nikolaus Lodes von Haus Nr. 70 (heute Oberer Marktplatz 15) das Haus "von der Gant weg". Er übergab es seiner Tochter Catharina und deren Ehemann Nikolaus Neumüller, einem Kürschner und Handelsmann. Diese besaßen das Anwesen dann bis 1838. Neumüller war ein erfolgreicher Geschäftsmann und darüber hinaus ein bekannter Witzbold, der, wie der Auerbacher Chronist Joseph Köstler berichtet, jährlich große und schöne Maskenzüge veranstaltete.
"Ums Jahr 1837 starb er und da er kinderlos war, erbte das Haus sein Bruder Georg Neumüller, Weißgerber auf dem Haus Nr. 234. Nachdem dieser kein gelernter Kaufmann war, bekam er keine Konzession und musste das Haus an den Handelsmann Albert Wagner von Waldershof für 3022 Gulden verkaufen. Die beiden konkurrierenden Kaufleute Ibscher und Neumüller, die im Ratskollegium saßen, konnten es durchsetzen, dass auch Wagner keine Konzession bekam. Das Haus fiel nun wieder an den Weißgerber Neumüller zurück." (2, Seite 305)
Von den Neumüller erwarb 1847 der Lebzelter (d.i. Lebkuchenbäcker) und Fragner (d.i. Einzel-, Kleinhändler) Johann Ibscher von Haus Nummer 126 (Untere Vorstadt 7) das stattliche Anwesen und betrieb zusammen mit seiner Frau Anna, geb. Luber (von Nr. 76) einen Kramladen. 1871 bis 1892 gehörte das Haus deren drei Kindern, 1892 übernahm es Sohn Anton alleine, da seine beiden Schwestern Anna und Margarete ledig geblieben waren. Anton Ibscher betrieb nun hier ein größeres Schnittwarengeschäft, das er allerdings 1893 an Georg Otto Burger von Haus Nr. 41 (heute Pfarrstraße 9) übergab. Dieser begründete hier sein späteres Geschäft in seinem Elternhaus (heute Bankgebäude).
Das Haus Nr. 93 gehörte dann 1894 bis 1935 den Ibscherschen Kindern Antoinette, Wilhelm und Sebastian Theodor gemeinsam. Antoinette, inzwischen mit dem Apotheker Albert Mülbauer in Haus Nr. 103 (heute Unterer Markt 1) verheiratet, starb 1935. 1936 verkauften die Brüder Sebastian Theodor und Wilhelm, inzwischen Pater Fortunat Ibscher (Kloster Neuhausen bei Metten), das gesamte Anwesen an die Kirchenstiftung unter Pfarrer Joseph Kupilas (1920-1938 Pfarrer in Auerbach), deren Eigentum es heute noch ist.

Von 1902 bis 1927 war im Untergeschoss zum Marktplatz hin das Postamt untergebracht, weshalb ältere Auerbacher heute noch von der alten Post sprechen.

Im Ergeschoss zum Marktplatz hin sind wie seit Jahrhunderten auch heute noch Geschäftsräume, im 1. Stock war zuletzt bis 2012 die katholische Pfarrbücherei untergebracht.

verwendete Quellen

1 Archiv Ludwig Götz, Ohrenbach
2 Kugler, Hans-Jürgen, Auerbach in der Oberpfalz - Die Geschichte seiner Häuser und Familien, Band 1, Auerbach 2008
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