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Die
Reformationszeit
in unserer Gegend
Reformation wird nach
allgemeinem Sprachgebrauch mit dem 16./17. Jahrhundert und speziell mit Martin
Luther in unmittelbare Verbindung gebracht. Dabei ist sie eigentlich eine
Erscheinung des Christentums und insbesondere der römischen - heute
römisch-katholischen - Kirche, die ihre
Wurzeln schon lange vor Luther hat.
Erinnert sei an die Novatianer
im 3. nachchristlichen Jahrhundert, an die Albigenser
im 12./13.
Jahrhundert und die etwa zur gleichen Zeit auftretenden
Waldenser.
Eine der sog. Ketzerbewegungen
des Mittelalters waren
die Katharer.
Sie prägten vom 12. bis zum 14. Jahrhundert
das religiöse und auch gesellschaftliche Leben
insbesondere in Südfrankreich.
Diese alte Buchmalerei
stellt die Vertreibung
der Katharer
aus der Burg von Carcassonne
im Jahre 1209 dar. |
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Etwa in der Zeit des sog. Großen oder Abendländischen
(1378-1417), wo zwei bzw. zeitweilig sogar drei Päpste gleichzeitig amtierten,
entstand in England unter John Wiclif
(1324-84) die bis dahin größte kirchenrformatorische Bewegung. Wiclif
forderte u.a. die Abschaffung des Papsttums und die Auflösung der Klöster, und
lehnte die Beichte und den priesterlichen Zölibat ab.
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Der Prager Theologe
Jan Hus
(um 1372-1415)
griff die Lehren Wiclifs auf.
Hus wurde schließlich
1415 auf dem Konzil von
Konstanz
auf dem Scheiterhaufen verbrannt.
Auch Wiclif bzw. dessen Gebeine wurde
dort sozusagen posthum
ebenfalls als Ketzer verbrannt. |
Die Anhänger des Jan Hus, die Hussiten,
überzogen danach u.a. auch unsere Heimat mit Krieg
und Plünderungen. Unser Auerbach wurde 1430 von ihnen eingenommen und
niedergebrannt. (Sage aus jenen Tagen)

"Die Entstehung der Reformation ist ein sehr vielschichtiges Problem, das sich nicht
auf die Formel bringen läßt: weil
in der mittelalterlichen Kirche so viele Mißstände bestanden, darum mußte die
Reformation kommen. Ja, Reform mußte kommen, aber nicht Reformation. ... Die
neuere Reformationsforschung hat die früher übliche Schwarz-Weiß-Malerei überwunden
und das ehemals so vielfach verzerrte Bild von der absoluten Verderbtheit der spätmittelalterlichen
Kirche zurechtgerückt. Dadurch sind nicht etwa die Konturen verwischt, sondern
nur die Zusammenhänge besser aufgedeckt worden. Nach wie vor gilt es, daß
die Kirche in einer Weise reformbedürftig war, die aufs höchste erschreckt;
aber so verkommen und verrottet, daß sie einer Reform nicht mehr würdig
gewesen wäre und deshalb hätte untergehen müssen, war sie nicht. ... Mißstände
gab es überall. Da waren die Auswüchse im religiösen Leben, die sich in einer
vielfach ungesunden Heiligen- und Reliquienverehrung, in einem
unkontrollierbaren Wallfahrtswesen und in mannigfachen peripheren
Andachtsformen niedergeschlagen hatte. Leichtgläubigkeit, Wundersucht,
Aberglaube, Höllen- und Teufelsangst und ein krankhafter Hexenwahn belasteten
diese Frömmigkeit aufs schwerste. Da waren auch Mißstände in der kirchlichen
Verwaltung, ... Mißbrauch des Kirchenbannes zu ungeistlichen Zwecken, simonistisch
angehauchten Pfründenschacher und Vetternwirtschaft gab es nicht nur in
Rom, sondern auch in den bischöflichen und archidikonalen Verwaltungen der Diözesen."
(1, Seite 244 ff)
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Großen Anstoß
erregte auch
der
"Ablasshandel",
z.B. durch den Dominikaner
Johannes Tetzel.
(sog. Ablassbrief) |
"Da gab es vor allem schwere sittliche Mißstände und Verfehlungen von
Geistlichen und Laien. Klagen über unmoralisches Leben von Priestern, Mönchen
und Nonnen sind uns zahlreich überliefert, und das Schlimme war, daß ganze Stände
und Gemeinschaften, etwa ganze Konvente, davon befallen waren.
Selten hat für einen gewaltigen, radikal umbildenden geschichtlichen Prozeß -
für eine Revolution großen Stils - eine Einzelpersönlichkeit so viel
Bedeutung, wie sie Martin Luther für die Reformation besitzt. (J.
Lortz). ...
Davon bleibt unberührt, daß er die ganze Bewegung völlig absichtslos ausgelöst
hat. Er hat nur den Funken in das übervolle Pulverfaß, in dem alle religiöse,
geistige, politische und soziale Unruhe seiner Zeit zusammengefaßt war,
geschleudert." (1)
Als diesen Funken kann man Martin Luthers 95 Thesen über den Ablass, der Überlieferung
nach von ihm am 31. Oktober 1517 an die Tür der Schlosskirche von Wittenberg
angeschlagen, bezeichnen.
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An diese Tür der Schlosskirche
zu Wittenberg soll
der Überlieferung nach
Martin Luther
am 31. Oktober 1517
seine 95
Thesen
angeheftet haben.
Die neuere Forschung meint,
dies sei nur eine Legende:
Luther habe die Thesen
an Bischöfe und Freunde
versandt. |
Drei Jahre später erschienen die Hauptschriften
Luthers, in denen die "neue Lehre" ihren Niederschlag fand:
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An den christlichen Adel deutscher
Nation |
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Von der Babylonischen
Gefangenschaft
der Kirche |
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Von der Freiheit eines
Christenmenschen |
Die Anfänge
der Reformationszeit in unserer Heimat
"Fast allen anderen Provinzen voran in der Begeisterung für Luther war die
Oberpfalz. ... In Amberg war der Eifer für die neue Lehre schon 1520 so groß,
daß die Nürnberger dadurch eine Störung des Commerz (Handels) befürchteten
und die Amberger ermahnten, nicht vom altrömischen katholischen Glauben
abzufallen und sich nicht zu Luthers Lehren verleiten zu lassen." (2)
In
Weiden fanden
die Gedanken Luthers 1522 Eingang,
Regensburg fiel 1525 von seinem
Bischof ab,
und 1526 heiratete Abt Nikolaus
vom Zisterzienserkloster Waldsassen.
"Luthers
Schriften fanden ... in der Oberpfalz
sofort starken Widerhall,
die Menschen
hungerten
nach Führung in religiösen Dingen
und nach Heilsgewißheit."(3)
(Martin Luther, 1483-1546;
hier Kupferstich von Lukas Cranach d. Ä., 1520) |
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Der Landesherr, Kurfürst Ludwig V. von der Pfalz (1508-1544) duldete die neue
Lehre stillschweigend. Sein Bruder und Nachfolger Friedrich II. (1544-1556)
hatte bereits als Statthalter in Amberg die deutsche Messe und die Heirat der
Priester erlaubt. Friedrich begann dann auch, die Kirchengüter für den Staat
einzuziehen, was sowohl eine Minderung seiner enormen Schuldenlast als auch
einen Anstieg seiner landesherrlichen Gewalt bedeutete.
Vielleicht war es Dr. Heinrich Stromer, der bei einem Besuch seiner Vaterstadt
um 1530 erstmals die Gedanken der Lehre Martin Luthers nach hierher brachte;
er hatte ja in Auerbach zahlreiche Verwandte und war darüber hinaus sehr
angesehen in der Stadt.
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Spätestens seit der "Leipziger Disputation"
(27. Juni bis 15. Juli 1519)
stand Stromer mit Luther in Verbindung,
denn der
Reformator schrieb am 20. Juli 1519
in einem Brief an Spalatin:
"Die
Leipziger haben uns weder begrüsst noch besucht,
sondern uns wie die
verhasstesten Feinde behandelt.
An Eck haben sie gehangen, haben ihn begleitet,
mit ihm geschmust, ihn eingeladen, ...
Doch uns hat Dr. Auerbach eingeladen,
ein Mann von großer Unparteilichkeit." (4) |
"Dr. Auerbach":
Stromer nannte
sich selber so
und ließ sich gern von anderen
nach seiner Vaterstadt
nennen. |
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"Ohne Zweifel sympathisierten in den 20er und 30er Jahren des 16.
Jahrhunderts die meisten Bewohner der Stadt mit dem Luthertum, wenngleich viele
sich sicher dessen gar nicht bewußt waren, daß es zu einer dauernden
Glaubensspaltung kommen würde. Nur schweren Herzens mögen sie sich von manchen
katholischen Überlieferungen getrennt haben. Doch feierte man noch bis 1556
in Auerbach kirchliche Ämter und Vespern, wobei die Geistlichen Meßgewänder
und Chorröcke benutzten." (5)
Durch den sogenannten "Augsburger Religionsfrieden" von 1555 wurde dem
jeweiligen Landesherrn das Recht eingeräumt, zu bestimmen, welches
Bekenntnis seine Untertanen haben sollten: "cuius regio, eius religio!"
Ottheinrich (1556-1559),
von "gotts gnaden Pfalzgraue bey Rhein
Des Hay
Rhö.
Reichs Ertztruchas vnd Churfurst,
Hertzog in Nidern und Obern Bayern" (3),
schaffte per Dekret vom 16. April 1556
den katholischen Glauben und Ritus in
seinem Lande
und damit auch bei uns ab.
Die "Säkularisation" oder
Verweltlichung der Klöster
wurde weiter vorangetrieben. |
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Auch für das Kloster Michelfeld kam damit das einstweilige Ende, denn nach dem
Tode des Abtes Friedrich von Aufseß am 3. März 1558 durfte kein Nachfolger gewählt
werden. Da auch keine Novizen mehr aufgenommen werden durften, versahen die z.T.
verbleibenden Mönche die Verwaltung ihres Klosters. "Seit jener Zeit wurde
der lutherische Glaube vollends im Michelfelder Kloster eingeführt. Alle Überreste
des früheren Glaubens waren zerstört." (6)
In Auerbach hieß der letzte katholische Pfarrer vor der Reformation Kasper
Scheinpuhler (auch Schempuler und Schaumpühler möglich) (1536-1548). Er war
wohl Benediktiner, da er am 20. April 1529 als "Prior des Klosters"
und am 9. April 1530 als "Pfarrer von Michelfeld" genannt
wird. (7)
Der erste evangelische Pfarrer Auerbachs war Simon Malzkasten (1552-1589). Im März
1556 schickte er auf Anforderung des Statthalters Wolfgang einen Bericht über
die kirchlichen Verhältnisse in Auerbach nach Amberg. Darin schreibt er über
seine Bemühungen, "die christliche Kirchenordnung einzuführen, die
Irrlehren und das Laster auszurotten. Es haben sich aber trotzdem viele nit
gebessert, sind Verächter der Lehre, verharren in Unbuße und wollen nicht nach
der Regel des Evangeliums leben." (8) Besonders beklagte sich Pfarrer
Malzkasten über den Landrichter Wolf von Rabenstein, der die Predigt nicht
besuche, und "führt ein schändliches, ärgerliches, unehliches Leben.
Wiewohl sie beide öffentlich und heimlich ermahnt und angeklagt wurden, lassen
sie doch nicht ab und geben den Unterthanen großes Ärgernuß. Was ich von der
Konkubin für schmähliche Worte und Drohungen hören muß, das befehle
Gott." (8) Über den Stadtschreiber Hans Schmidt, eine weitere Amtsperson
der Stadt, musste der Pfarrer berichten, dass er "mit vielen Irrlehren
behaftet ist" (8). Auch halte er sich von Predigt und Kommunion fern,
spreche geringschätzig vom Minister und verleugne die Erbsünde indem er
sage, "der Kindlein sei ja das Himmelreich. ... Judas der Verräter und
alle anderen Erhängten werden ehender selig als alle Pfaffen."(8)
Bald
Luthertum, bald Calvinismus
Auf Ottheinrich, der kinderlos geblieben war, folgte Friedrich III. (1559-1576)
als Kurfürst. Dieser war ein geradezu fanatischer Anhänger des gestrengen
Schweizer Reformators Johann Calvin (1509-1564).
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Calvin
war ein paar Jahre jünger als Martin Luther
und kam 1533 mit dessen Lehre
in Berührung.
Kurfürst Friedrich III. wollte im "Fürstentum
der Oberen Pfalz"
und somit auch in Auerbach den Kalvinismus einführen.
So
erging ein Befehl, dass alles,
was an "das antichristliche Papsttum"
erinnere,
wie Sakramentshäuschen, Ölberge, Bilder, Messgewänder,
Heiligenfiguren usw. schleunigst entfernt werden sollte. |
Rat und beherzte Bürger
unserer Stadt wehrten sich z. T. mit Erfolg gegen diese "Bilderstürmerei".
Unter Lebensgefahr wurden liturgische Geräte und Gewänder versteckt, um sie
vor einer Vernichtung zu bewahren.
Auf Befehl des Kurfürsten wurden 1562 der "Heidelberger Katechismus"
und 1563 eine calvinistische Kirchenordnung eingeführt. In Auerbach neigte
Stadtpfarrer Malzkasten wohl zum Kalvinismus, während der Stadtprediger oder
Prädikant und der Spitalpfarrer sich den Neuerungen widersetzten und
weiterhin dem Luthertum zugetan waren. Doch trotz großen Widerstandes und
begleitet von heftigem Protest von Bürgermeister, Rat und weiten Teilen der Bevölkerung
ließ Richter Mendl am 8. Januar 1574 alle noch vorhandenen Tabernakel,
Statuen und Verzierungen von Schreinern und Schlossern in den Auerbacher
Kirchen und Kapellen entfernen und vernichten.
Der Sohn Friedrichs III. und sein Nachfolger, Kurfürst Ludwig VI. (1576-1583),
war ein getreuer Anhänger der
Lehre Martin Luthers. Schon als Statthalter in Amberg hatte er versucht, die
calvinistischen Pläne seines Vaters nach Möglichkeit zu unterlaufen. Anlässlich
einer Kirchenvisitation am 1. Mai 1580 wurde festgestellt, dass in der Pfarrkirche
nur mehr ein einziger Altar ohne Kruzifix vorhanden war. Der noch immer offene
Ölberg an der Pfarrkirche wurde mit Brettern verschlagen und somit gerettet.
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Als Kurfürst Ludwig VI. am 12. Oktober 1583 starb,
übernahm sein Bruder,
Pfalzgraf Johann Kasimir (1583-1592),
die Vormundschaft über den erst neunjährigen
Neffen Friedrich.
(Bärtiges Brustbild des Kurfürsten mit
Harnisch
und Halskrause; am Armabschnitt eingraviert
die Altersangabe AET.
35, darunter die Signatur
CONR. BLOC.F. Umschrift: IO. CASIMIRVS.
D. G. CO.
PAL. RHE. DUX.
BA. München, Staatliche Münzsammlung.
Abb. aus: Die
Renaisssance
im dt. Südwesten. Katalog. Bd.2 S. 583 |
Selbst eifriger Calviner setzte Johann Kasimir sogleich wieder
reformierte (calvinistische) Geistliche und Beamte ein und versuchte, das
calvinistische Bekenntnis gegen die lutherischen Prädikanten durchzusetzen.
"In Amberg berief er den Grafen Johann von Ortenberg zum Vitztum, ... . Für
Johann Casimir erschien er geeignet, weil er einerseits dem reformierten
Bekenntnis nahestand, andrerseits aber eine so gemäßigte Haltung einnahm, daß
er auch in der lutherisch geprägten Oberpfalz nicht als Fremdkörper
empfunden wurde." (9).
So kam es schließlich, dass in Auerbach in der Stadtpfarrkirche die Calvinisten
und in der Spitalkirche die Lutheraner zu Hause waren.
Kurfürst Friedrich IV. (1592-1610), ein gebürtiger Amberger und überzeugter
Calvinist, eröffnete am 8. Juni 1596 in Auerbach eine allgemeine
Kirchenvisitation. Dabei wurde festgestellt, dass die Gläubigen noch immer vor
dem Kreuz "ein Buckerl machen", d.h. sich in Ehrfurcht verneigten.
"Weil dem Kurfürsten mitgeteilt wurde, erst neulich sei ein Weib vor dem
Kruzifix im Spital knieend gesehen worden, wird dem Landrichter befohlen,
strengstens nach solchen Personen zu fahnden, welche Abgötterei
treiben." (5) Friedrich war bei dieser Gelegenheit oder bei seinem Besuch
im Juli des gleichen Jahres sicher auch überbracht worden, was sich beim Einzug
des calvinischen Pfarrers Emmanuel Stengel im Jahre 1590 ereignet hatte.
Stengel stammte aus Eschenbach und war 1588-1590 Pfarrer in Michelfeld gewesen,
ehe er die Stelle in Auerbach übertragen bekam. Bei seiner
"Installation" hatten Auerbacher solange den hiesigen Pfarrhof besetzt
gehalten, bis ihnen zugesagt wurde, dass sie auch weiterhin bei der
lutherischen Kirchenordnung bleiben dürften. Stengel war bis 1618 hier
Pfarrer und scheint zwischen Kalvinismus und Luthertum geschwankt zu haben;
er starb nach einem in der Kirche erlittenen Schlaganfall.
Auerbach
kurzzeitig Sitz der Regierung
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Auch der als "Winterkönig"
in die Geschichte eingegangene Kurfürst
Friedrich V.
(reg. 1610-1621) versuchte vergeblich,
in unserer Heimat den Kalvinismus
einzuführen.
Friedrich V. war mit Elisabeth Stuart,
der Tochter des englischen
Königs Jakob I., verheiratet.
Sein Statthalter war der Fürst Christian von Anhalt,
ein
hochgebildeter Mann und leidenschaftlicher Calvinist.
"Anno 1613 flüchtete
der Statthalter mit der Regierung
wegen einer ausgebrochenen Pestepidemie
von Amberg nach Auerbach.
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Es läßt sich denken, daß durch die Anwesenheit so
vieler hoher Herren, darunter die Kirchenräte, in Auerbach der Kalvinismus
sehr gefördert wurde. Vom 11. August 1613 bis 25. Januar 1614 war Auerbach der
Sitz der Regierung und während dieser Zeit
war das Luthertum in Auerbach gänzlich verschwunden. Alles schwelgte in
Wonne und Freude ... ."(10) Ein unbekannter Poet aus Amberg verfasste über
diese Zeit folgendes Gedicht:
"Als
nach Christi vnsres Herrn Geburt
Verlauffne Zeit gerechnet wurd
Sechzehen hundert dreyzehn Jahr,
Im ganzen Landt groß schrecken war
Dieweil die Pestilentzisch seuch
An allen Orten fast einschleich.
Doch gott der Herr auß sondrer gnad
Bewahret hat Aurbach die Statt.
Dahin s Churfürstlich Regiment
Der Pfaltz in Bayern sich gewendt,
Nachdem ihr ordinari stell
Zu Amberg, gleich wie andre, schnell
Mit dieser Gottes straff so hart
Dieß Jahrs auch angegriffen wardt.
Also die Polizey bestund
Zu Auerbach uff vorigem Grund,
Für welche wolthtat Gott dem Herrn
Soll jedermann von hertzen gern
Zu lob vnd preiá die übrig zeit
Diß kurtzen Lebens sein bereit.
Auch Rath und Burger dieser Statt
Aurbach man viel zu rühmen hatt
Umb die zu der betrübten zeit
Erwiesene Leutseligkeit."(11)
Einführung
des calvinischen Abendmahles in Auerbach
Mit dem Abzug der Regierung aus Auerbach war es auch wieder vorbei mit dem vorübergehenden
Eifer für den Kalvinismus. Bei einer Erbhuldigung am 21. Juni 1615 in unserer
Stadt musste Kurfürst Friedrich V. feststellen, dass die Bevölkerung dem Kalvinismus
nahezu geschlossen ablehnend gegenüberstand. So erließ Friedrich am gleichen
Tag den Befehl, "endlich in Kirche und Schule den päpstlichen Sauerteig
auszufegen und das reine Wort Gottes in Auerbach einzuführen." (10)
Aus Amberg kamen nun mehrmals kirchliche und weltliche Beamte zur Visitation. Am
12. August 1615 verfassten sie einen "Amptsbericht, wie es mit der Religion
der Stadt Auerbach beschaffen" (10) war. Darin hieß es u.a.: "Die
Stadt hat 225 Häuser und 319 Familien. Es wäre Zeit, daß der Pfarrer und die
anderen 2 Prediger sich endlich zum rechten Gebrauch des Sakraments schicken
thäten und nicht mehr wie bisher mit Worten, sondern auch mit der Tat ihren
Eifer beweisen würden. ... Die Bürgerschaft ist der reformierten Kirche ganz
und gar feindlich gesinnt, insbesondere aber die Herren des Rats, Bürgermeister
Schreiber, die Weißmänner und Heber. ... die beiden Held aber, der Vater
Bastian Held, so Bürgermeister und hoch angesehen ist, und sein Sohn
Christoph Held, so ein wohlstudierter Mann ist und großen Einfluß hat, haben
schon wiederholt geäußert, daß sie das Abendmahl mit dem Brotbrechen
empfangen und die reformierte Lehre annehmen wollten." (10) Einer der Unterschiede
war die Spendung des Abendmahles: während es in der lutherischen Liturgie
Hostien ähnlich wie in der katholischen gab, verwendete man in der
calvinistischen oder reformierten normales Brot. In dem Bericht folgt nun eine
Aufzählung von Bürgern aus den vier Stadtvierteln, die man für den Kalvinismus
gewinnen könnte. Doch nahezu die gesamte Bürgerschaft lehnte "den neuen
modus ab, sie seien bei den Oblaten aufgewachsen und wollen dabei bleiben und
damit selig werden. Das ärgste wäre ihnen nicht, daß man zum Abendmahl gewöhnliches
gesäuertes Brot nehme, sondern daß man sogar die Worte Christi abschaffen
und dafür die Worte des Apostels Paulus setzen wolle." (10) Am 13.
August kamen wieder zwei Kirchenräte zur Visitation nach Auerbach. Sie verhörten
Bürgermeister, Räte und Bürger einzeln und versuchten sie zu
"bekehren"; die "meisten lehnten das kalvinische Abendmahl entschieden
ab, mehrere blieben unentschieden und nur einige versprachen, es anzunehmen.
... Die Gemeinde aber war in großer Not, weil man ihr die Oblaten ... verbot
und auch nicht gestattete, in den benachbarten luther. Orten zu
kommunizieren." (10) Am 1. Weihnachtsfeiertag 1615 fand, von der Regierung
angeordnete, in der Pfarrkirche erstmals "die Ceremonie des
Brotbrechens" statt. "Im Ganzen haben 18 Männer und 4 Weiber
kommuniziert, davon waren 9 Männer und 2 Weiber aus Michlfeld beigezogen
worden, um die Zahl stattlicher zu machen. Unter den 9 Kommunikanten aus
Auerbach waren nur 2 Bürger, alle anderen waren Beamte, Kirchen- und Schuldiener
und deren Frauen." (10)
Ein besonderer Verfechter des Luthertums war der gelehrte Stadtschreiber Paulus
Negelein (um 1562-1630), der seine Einwände schriftlich abfasste und diese
"Bekanntnus von der Person Christi" und "Confessio de Coena
Domini" nannte.

Der fromme Mann ließ 1616 auch ein lateinisch abgefaßtes
Gebetbuch, betitelt "Enchiridion Precationum sacrarum", drucken.
"Von 1618 bis 1621 setzten sich die Religionskämpfe in Auerbach fort u.
brachten der lutherischen Bürgerschaft zwar großes Ungemach, dem Kalvinismus
aber keinen Zuwachs. Die Standhaftigkeit der Auerbacher Bürger ist ebenso zu
bewundern, wie der Fanatismus der kalv. Regierung zu verdammen ist. ... Als 1621
die Oberpfalz v. d. Bayern besetzt wurde, konnten die Lutheraner wieder freier
atmen u. in der Spitalkirche ungestört nach ihrer Art kommunizieren."
(10)
Chronist Neubig schreibt über dieses knappe Jahrhundert: "Da Gewalt und
Soldaten nichts ausrichten konnten, so suchte man auf andere Weise die Pfalz zu
kalvinisieren. Man sandte in alle Städte kalv. Prediger, besetzte die Stellen
in der Regierung und Magistratur nicht mit Landeskindern, sondern mit ausländischen
Kalvinisten und wies alle Lutheraner zurück. ... Man dachte lutherisch und
handelte kalvinistisch. Fast Jeder hatte eine doppelte Religion, eine im Munde,
die andere im Herzen. Und man konnte mit Zuverlässigkeit nicht sagen, daß
Einer derjenige wirklich sey, für den er sich ausgab. Das größte Mißtrauen
herrschte und gährte unter den Parteien. Denn die heilige Religion, die
Freundin des Friedens, sie war zur bitteren Hefe geworden und machte nur Grimmen
und Blähung."(12)
Zu diesen religiösen Auseinandersetzungen
hatte vor allem das einfache Volk unter den Gräueln des
Dreißigjährigen
Krieges zu leiden, der bereits seit 1618 auch in unserer Heimat furchtbar
wütete. Als ob die seelischen Nöte nicht schon gereicht hätten!
Maximilian
nimmt 1628 die Oberpfalz ein
 |
Im Verlauf des
30-jährigen Krieges
nahm im
Herbst 1621
der Führer der katholischen Liga
Herzog Maximilian von
Bayern
(Bild)
mit
seinem obersten Feldherrn Tilly
die Oberpfalz für den Kaiser in Besitz.
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Nach Auerbach kamen die Bayern unter ihrem Oberstleutnant von Erff am 10. Oktober
1621 und sie plünderten die ganze Stadt.
Wie in allen anderen Städten der Oberpfalz wurden auch in Auerbach bayerische
Truppen stationiert und einquartiert.
Mit der Einnahme Auerbachs durch den katholischen Kurfürsten Maximilian von
Bayern begann hier die Rekatholisierung.
verwendete und weiterführende Quellen
1 |
Franzen August, Kleine Kirchengeschichte,
Herder Freiburg, 1975, S. 244 ff |
2 |
Köstler Josef, Kirchen- und Schulgeschichte, Band II, S. 3d
ff |
3 |
Benker Gertrud, Heimat Oberpfalz, S. 118 ff |
4 |
Wustmann Gustav, Der Wirt von Auerbachs Keller, S. 34 |
5 |
Schnelbögl Fritz, Auerbach in der Oberpfalz, S. 145 ff |
6 |
Ussermann Aemilian, Episcopatus Bambergensis, S. 335 |
7 |
Kist Johannes, Die Matrikel der Geistlichkeit des Bistums
Bamberg, S. 350 |
8 |
Brief aus Geistliche Sachen, Fasc. 27 Nr. 10, Staatsarchiv
Amberg |
9 |
Ambronn/Schmidt, Kurpfalz und Oberpfalz, in Band 23
der Beiträge zur Geschichte und Landeskunde der Oberpfalz, S. 25 |
10 |
Köstler, a.o.O., S. 278 |
11 |
Neubig Johannes, Auerbach, die ehemalige Kreis- und
Landgerichtsstadt in der Oberpfalz, S. 50 |
12 |
Neubig, a.o.O., S. 44 |
13 |
Köstler Joseph, Auerbach im Dreißigjährigen Krieg, Band
X, S. 283 ff |
14 |
Köstler Joseph, Kirchen- und Schulgeschichte, Band III, S.
279 |
15 |
Lemmer Manfred und Kaps Sebastian, Auf den
Straßen der Reformation, Halle 1994 |

Für Ergänzungen, Korrekturen usw.
bin ich sehr dankbar.
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letzte Bearbeitung dieses
Artikels am 24. April 2023
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