Lager für
sowjetische Kriegsgefangene
Im November 1941, also zu Beginn des dritten
Jahres des 2.
Weltkriegs, wurde das schon 1939 im Wehrkreis VIII (Wehrersatzbezirke
Breslau, Liegnitz und Kattowitz) aufgestellte Bau-Bataillon 133 mit
Kriegsgefangenen ausgestattet. In Bernreuth wurde in diesem Zuge ein relativ kleines Lager
eingerichtet, das nur etwa ein Jahr bestand und die offizielle Bezeichnung
"Kr.-Gef.-Bau- u. Arb.-Bat. 133" hatte.
Es lag zwischen dem Arbeiter-
(ab 1945 Flüchtlingslager; 2) und dem Westlager
(3) an der Straße nach Ebersberg
rechts, und ist in obiger Karte mit 1 und im folgenden Foto mit einem roten
Oval
eingezeichnet.
Das Lager umfasste, wie gut zu erkennen ist,
drei Wohnbaracken, eine Küchenbaracke und ein paar kleinere Nebengebäude. Um
das Kriegsgefangenenlager herum war ein etwas höherer Draht- und Stacheldrahtzaun. Untergebracht waren wohl vor allem russische Gefangene, die zeitweilig
auch als Zwangsarbeiter in der nahen Grube Maffei des Eisenerzbergwerks der Maxhütte
eingesetzt waren. (nach 1, Seite 46)
Ab Ende November 1941 beerdigte man 33 verstorbene sowjetische Kriegsgefangene
nördlich des Arbeiterlagers Bernreuth; in der Karte ganz oben ist die Stelle
mit +++ gekennzeichnet. Das Gräberfeld war als
rechteckige Terrasse (ca. 7 mal 21 m) am Hang angelegt und irgendwann vom
Bundesforstamt mit einem Birkenzaun umgeben worden.
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Ein orthodoxes
Kreuz
wie dieses erinnerte daran,
dass es sich bei den meisten der Toten
um Angehörige
dieses Bekenntnisses handelt. |
Als erster verstorbener Kriegsgefangener wurde
am 27.11.1941
der sowjetische Soldat Iwan D. im eigens angelegten Gräberfeld in Bernreuth beerdigt.
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Wie aus seiner
Personalkarte
zu entnehmen ist,
war er Jahrgang 1909.
Als Todesursache ist
auf der Rückseite
allgemeine Erschöpfung und
beginnende Lungenentzündung
angegeben.
D. war vorher im Stalag
(Stammlager) IV
B
in Mühlberg an der Elbe
gewesen |
Seit Beginn des Russlandfeldzuges
am 22. Juni 1941 gehörte Stalag IV B zu den Lagern, in die die Transporte mit
den sowjetischen Gefangenen zuerst kamen. Dort wurden sie u.a. auch registriert,
d.h. mit Personalkarten und Erkennungsmarken versehen; im Stalag Mühlberg
wurden die Nummern ab 100.000 verwendet. Nach kurzer Zeit wurden die Gefangenen
auf andere Lager verteilt.
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Aus diesem großen Stalag IV
B,
und damit dem Wehrkreis IV,
kamen die meisten der
sowjetischen Kriegsgefangenen
hierher nach Bernreuth.
Ab
September 1945 richtete
die Sowjetunion übrigens
im gleichen Lager Mühlberg
das Speziallager
1
für deutsche Zivilisten ein.
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Einige Gefangene waren vorher im Lager Zeithain,
einer Nebenstelle von Mühlberg, gewesen. Der weiter unten genannte Iwan K. und
der Soldat Kirill L. waren aus Stalag XIII C (Hammelburg) hierher verlegt worden.
Auf der Rückseite der Personalkarten stehen
verschiedene Angaben, wie z.B. hier bei Fjodor Sch., dass er am 26. Nov.
1941 nach Bernreuth kam, hier am 3.3. 1942 starb und in Grab 23 beerdigt wurde.
Die meisten der 33 Kriegsgefangenen starben den Angaben zu Folge in
Bernreuth eines "natürlichen Todes", wenn man Unterernährung,
allgemeine Erschöpfung, Erfrierungen, Blutvergiftung, Durchfall usw. überhaupt so nennen darf.
Beim 41 Jahre alten Pawel P. allerdings steht: "18.12.41 bei
Fluchtversuch erschossen worden". Er war erst wenige Wochen zuvor, am 26.
November, ins "Kr.-Gef.-Bau- u. Arb.-Bat. 133" nach Bernreuth verlegt worden.
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Als letzter Kriegsgefangener
starb Soldat Iwan K.
am 3. November 1942
im Lager Bernreuth
an Herzschwäche.
Er wurde am gleichen Tag
hier in Grab 33 beerdigt.
K. war erst am 7. Juli 1942
aus Stalag XIII
C (Hammelburg)
nach Bernreuth gekommen.
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Nach dem 3. November 1942 fanden im
Gräberfeld Bernreuth
keine
Bestattungen mehr statt, wahrscheinlich weil das Lager kurz darauf aufgelöst bzw. verlegt wurde.
Bei den Recherchen zur Identifizierung der in
Bernreuth bestatteten sowjetischen Kriegsgefangenen wurde auch diese
Personalkarte des erst 21jährigen Grigori T. gefunden.
Er war bereits am 11.
August 1941 aus dem Oflag
(Offizierslager) XIII A (Nürnberg-Langwasser) zum Arbeitskommando 7022 nach
Bernreuth gekommen. Am 3.11.1941 wurde der Kriegsgefangene "wegen
Widersetzlichkeit" erschossen und am Tag darauf in der Nähe von Zeltenreuth
beerdigt. Dieses Grab wurde bisher noch nicht gefunden.
Das Kriegsgefangenenlager Bernreuth und das dazugehörige Gräberfeld wurden erst wenige Tage danach eingerichtet.
Umbettung 1987
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Vor allem auf Betreiben von
Albert Lorenz (+2007)
wurden
die "unbekannten
sowjetischen Kriegstoten"
1987 umgebettet. |
Federführend bei der Aktion war der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge.
Ein speziell geschulter und erfahrener Umbetter des Volksbundes leitete vor Ort
die Arbeit einer Nürnberger Firma.
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Die sterblichen Überreste
der ehemaligen Kriegsgefangenen
wurden geborgen und
in kleine Särge gelegt.
Bei dieser Exhumierung
im Oktober 1987 wurden
Erkennungsmarken
von 25 Toten gefunden,
was eine Identifizierung
in Aussicht stellte. |
Die sowjetischen Soldaten hatten an
sich keine Erkennungsmarken. Solche wurden den meisten von ihnen erst nach der
Gefangennahme bei der Registrierung gegeben und deren Nummern in die dazugehörige
Personalkarte eingetragen.
Am 21. November 1987 war dann auf dem Friedhof
in Auerbach unter großer Anteilnahme der einheimischen Bevölkerung die
feierliche Bestattung. An ihr nahm als offizieller Vertreter Moskaus der
Sekretär der Botschaft der UdSSR in Bonn, Wjatscheslaw Jewdokimow, teil.
In seiner Ansprache sagte er u. a.: "Diese Umbettung ist ein Zeichen der
Völkerverständigung. Sie soll uns Mahnung und Verpflichtung für den Frieden
sein." Wohl gemerkt: der "Kalte
Krieg" war noch nicht zu Ende!
Ermittlung der Identität
der Toten
Insbesondere Ilya Bayburin aus
Augsburg hat sich sehr engagiert, um die Namen der jetzt auf dem Friedhof in
Auerbach ruhenden russischen Soldaten heraus zu bekommen. So konnte in den letzten Jahren
durch umfangreiche Recherchen, z.B. im zentralen Archiv
des Verteidigungsministeriums der Russischen Föderation in
Podolsk bei Moskau, die
Identität der verstorbenen Kriegsgefangenen festgestellt werden.
Es gelang auch, die Angehörigen der Toten
zu ermitteln und diese zu benachrichtigen.
Die Stadt Auerbach erhielt eine entsprechende
Liste mit den Namen und Daten der auf dem hiesigen Friedhof bestatteten
russischen Soldaten zugeschickt.
Gedenktafel mit den Namen
der Toten
Die Stadt Auerbach ließ daraufhin zunächst auf eigene Kosten eine Bronzetafel mit den Namen und Daten der 33 in
Bernreuth verstorbenen Kriegsgefangenen anfertigen.
Am Volkstrauertag 2010 (14. November) wurde diese Tafel "enthüllt",
und Geistliche der drei christlichen Konfessionen sprachen an der Grabstätte
Gebete.
Aus
Zeitgründen konnte
der russisch-orthodoxe Pfarrer
Viktor Wdowitschenko
aus Regensburg erst
am späten Nachmittag
nach Auerbach kommen.
Im Beisein des Amberger
Kirchenältesten Suvorov
und einiger anderer Personen
hielt er an der Grabsstätte
der russischen Verstorbenen
eine kleine, aber eindrucksvolle
Andacht für seine Landsleute.
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So haben fast sechs Jahrzehnte
nach ihrem Tod in Bernreuth
die damals sowjetischen Kriegsgefangenen
zu ihrer letzten Ruhestätte
auf dem Friedhof von Auerbach
auch ihre Identität wieder erhalten.
Arbeiten wir gemeinsam
für den Frieden
in der Welt!
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verwendete Quellen
1 |
Kugler, Hans-Jürgen,
Nitzlbuch/Bernreuth,
Auerbach 2000 (Bezugsquelle) |
2 |
Truppenübungsplatz Grafenwöhr,
Chronik der ehemaligen Standortverwaltung Grafenwöhr, mehrere Ordner, unveröffentlicht |
letzte Bearbeitung dieses Artikels am 28.
November 2010
Für Ergänzungen, Korrekturen usw.
bin ich sehr dankbar.
Hier können Sie mich erreichen!
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