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Luthertum in
Auerbach
im 16. und 17.
Jahrhundert
Die Reformationszeit
beginnt nach allgemeiner
Auffassung
mit dem Anschlag der 95 Thesen
an die Schlosskirche zu
Wittenberg
am 31. Oktober 1517
durch Martin Luther (1483-1546).
Kupferstich des Dr. Martin Luther
von Lucas Cranach d. Ä. 1521 |
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Schon einige Jahre bevor „die neue Lehre“ auch
nach Auerbach kam, hatte Dr. Heinrich Stromer, der vielleicht berühmteste Sohn
unserer Stadt, in Leipzig engen Kontakt mit einzelnen Reformatoren. Zunächst
einige Stationen aus dem Leben des Dr. Stromer, so
weit sie im Zusammenhang mit der Lehre Martin Luthers von Bedeutung sind.
„In Auerbach ... wurde ein bedeutender Oberpfälzer geboren. Er hieß Dr.
Heinrich Stromer und kam hier ... als Sohn einer aus Nürnberg eingewanderten Bürgerfamilie
zur Welt. Schon als Fünfzehnjähriger wurde er Student an der Universität
Leipzig, vier Jahre später war er bereits Magister der Philosophischen Fakultät
und mit 26 Jahren war er Rektor.“ (1) Das Geburtsjahr Stromers war 1476.
Im Jahre 1508 begann Stromer das Studium der Medizin, wo er drei Jahre später
auch den Doktortitel erhielt. 1516 wurde er Professor der Pathologie und führte
wahrscheinlich an der Universität Leipzig das Studium der Anatomie ein. „Als
Arzt kam Stromer bald zu großem Rufe. Vier Fürsten haben sich seines Rates
bedient: außer dem Landesherrn von Leipzig, dem Herzog Georg, und Kurfürst
Friedrich (dem Weisen) auch Kurfürst Joachim von Brandenburg, vor allem aber
dessen jüngerer Bruder, der Erzbischof von Magdeburg und Mainz, Kurfürst und
später auch Kardinal Albrecht von Brandenburg, der als Förderer des päpstlichen
Ablaßhandels - sein Subkommissar war
Tetzel - berüchtigt, aber auch als Mäcen,
als Förderer von Wissenschaft und Kunst hochberühmt geworden ist.“ (2)
Kardinal Albrecht von
Brandenburg
auf einem Gemälde von Lucas Cranach
Stromers offizieller Titel lautete: Kurfürstlich-brandenburgischer,
kursächsischer,
erzbischöflich magdeburg-mainzischer
Leibmedikus. |
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Dr. Heinrich Stromer und die
Reformation
Dr. Stromer, oder wie er sich selber nach seiner Heimatstadt gern nannte
und auch von anderen nennen ließ „Dr. Auerbach“, schloss sich wohl schon
bald den Gedanken Luthers an und gehörte zu dem „Urstamme der Leipziger
Evangelischen“. (3) Sein Haus wurde bald der Sammelpunkt der Anhänger Martin
Luthers in Leipzig.
Spätestens seit der sogenannten Leipziger Disputation (27. Juni bis 15. Juli
1519) stand Heinrich Stromer mit Martin Luther in Verbindung, denn der
Reformator schrieb am 20. Juli 1519 in einem Brief an Spalatin: „Die Leipziger
haben uns weder begrüsst noch besucht, sondern uns wie die verhasstesten Feinde
behandelt. An Eck haben sie gehangen, haben ihn begleitet, mit ihm geschmaust,
ihn eingeladen, ... kurz, was sie nur ersinnen konnten, haben sie gethan, uns
zu kränken. ... Doch hat uns Dr. Auerbach eingeladen, ein Mann von größter
Unparteilichkeit.“ (4)
Als an Pfingsten 1539 die Reformation in Leipzig Stadt offiziell eingeführt
wurde, war Luther selbstverständlich Gast bei Dr. Stromer.
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Dieser
Holzschnitt von 1518
wird dem Dürerschüler
Hans von
Kulmbach
zugeschrieben.
Er zeigt Dr. Heinrich Stromer
mit dem Monogramm
H-S-D
(Heinrich
Stromer Doktor)
über dem
Kopf. |
Dr. Heinrich Stromers Name
ist der Nachwelt in erster
Linie aber weder als Arzt, noch als Gelehrter
oder Humanist, noch als Reformator
überliefert,
sondern als tüchtiger Geschäftsmann.
Stromer hatte in der Fastnachtswoche 1519 die Tochter
Anna des Leipziger Handels- und Ratsherrn Hans Hummelshain geheiratet. Kurz
darauf übernahm er das Erbe seines verstorbenen Schwiegervaters und errichtete
um 1530 ein großes Handelshaus, genannt „Auerbachs Hof“. Dazu hatte Dr.
Stromer schon 1525 einen öffentlichen Weinausschank in seinem Keller
eingerichtet. 1538 zahlte er bereits über ein Drittel der gesamten Weinsteuer
Leipzigs, und war damit zum besten Weinschenken der Stadt geworden. Das
Weinlokal bekam, wie hätte es anders sein sollen, den Namen „Auerbachs
Keller“.
Durch seine Universitäts- und Gelehrtentätigkeit, durch die Arztpraxis und
durch die Sparsamkeit seiner Frau war Dr. Stromer zu einem reichen Mann
geworden, der auch seit 1520 dem Rat der Stadt Leipzig angehörte. 1542 am 26. November starb er im Alter von
66 Jahren und hinterließ seiner Witwe und den
acht Kindern ein beträchtliches Vermögen.
Die
Anfänge der Reformationszeit in unserer Heimat
Vielleicht war es also Dr. Heinrich Stromer, der bei einem Besuch seiner
Vaterstadt um 1530 erstmals die Gedanken der Lehre Martin Luthers nach hierher
brachte.
„Luthers Schriften fanden ... in der Oberpfalz sofort starken Widerhall, die
Menschen hungerten nach Führung in religiösen Dingen und nach Heilsgewißheit.“
(5) Der Landesherr, Kurfürst Ludwig V. von der Pfalz (reg. 1508-1544), duldete die
neue Lehre stillschweigend.
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Ludwigs
Bruder und Nachfolger
als Kurfürst von der Pfalz
Friedrich II.
(reg. 1544-1556)
hatte bereits als Statthalter in Amberg
die deutsche Messe und die Heirat der
Priester erlaubt.
Friedrich begann, die Kirchengüter
für den Staat einzuziehen,
was sowohl eine Minderung
seiner enormen Schuldenlast als auch
einen Anstieg
seiner landesherrlichen Gewalt bedeutete. |
Die Lage in Auerbach wird so beschrieben: „Ohne Zweifel sympathisierten in den
20er und 30er Jahren des 16. Jahrhunderts die meisten Bewohner der Stadt mit dem
Luthertum, wenngleich viele sich sicher dessen gar nicht bewußt waren, daß es
zu einer dauernden Glaubensspaltung kommen würde. Nur schweren Herzens mögen
sie sich von manchen katholischen Überlieferungen getrennt haben. Doch feierte
man noch bis 1556 in Auerbach kirchliche Ämter und Vespern, wobei die
Geistlichen Meßgewänder und Chorröcke benutzten.“ (6)
Durch den sogenannten Augsburger Religionsfrieden von
1555 wurde dem jeweiligen
Landesherrn das Recht eingeräumt, zu bestimmen, welches Bekenntnis seine
Untertanen haben sollten: cuius regio, eius religio!
Ottheinrich (1556-1559),
von „gotts gnaden Pfalzgraue bey Rhein
Des Hay Rhö. Reichs
Ertztruchas vnd
Churfurst,
Hertzog in Nidern und Obern Bayern“ (7),
schaffte mit einem Dekret
vom 16. April 1556
den katholischen Glauben und Ritus
in
seinem Lande
und damit auch bei uns ab.
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Die Säkularisation oder Verweltlichung
der Klöster wurde weiter vorangetrieben.
Auch für das Kloster Michelfeld kam das
einstweilige Ende, denn nach dem Tode des Abtes Friedrich von Aufseß am 3.
März 1558 durfte kein Nachfolger gewählt werden. Da auch keine Novizen mehr
aufgenommen werden durften, versahen die z. T. verbleibenden Mönche die
Verwaltung ihres Klosters. „Seit jener Zeit wurde der lutherische Glaube
vollends im Michelfelder Kloster eingeführt. Alle Überreste des früheren
Glaubens waren zerstört.“ (8)
In Auerbach hieß der letzte katholische Pfarrer vor der Reformation Kasper
Scheinpuhler (1536-1548). Er war wohl Benediktiner, da er am 20. April 1529 als
Prior des Klosters und am 9. April 1530 als Pfarrer von Michelfeld genannt wird.
(9)
Der erste evangelische Pfarrer Auerbachs war Simon Malzkasten (1549-1589). Im
März 1556 schickte er auf Anforderung des Statthalters Wolfgang einen Bericht
über die kirchlichen Verhältnisse in Auerbach nach Amberg. Darin schreibt er
über seine Bemühungen, „die christliche Kirchenordnung einzuführen, die
Irrlehren und das Laster auszurotten. Es haben sich aber trotzdem viele nit
gebessert, sind Verächter der Lehre, verharren in Unbuße und wollen nicht nach
der Regel des Evangeliums leben.“ (10) Besonders beklagte sich Pfarrer
Malzkasten über den Landrichter Wolf von Rabenstein, der die Predigt nicht
besuche, und „führt ein schändliches, ärgerliches, unehliches Leben.
Wiewohl sie beide öffentlich und heimlich ermahnt und angeklagt wurden, lassen
sie doch nicht ab und geben den Unterthanen großes Ärgernuß. Was ich von der
Konkubin für schmähliche Worte und Drohungen hören muß, das befehle
Gott.“ (10)
Über den Stadtschreiber Hans Schmidt, eine weitere Amtsperson der
Stadt, musste der Pfarrer berichten, dass er „mit vielen Irrlehren behaftet
ist“ (10). Auch halte er sich von Predigt und Kommunion fern, spreche
geringschätzig vom Minister und verleugne die Erbsünde indem er sage, „der
Kindlein sei ja das Himmelreich. ... Judas der Verräter und alle anderen
Erhängten werden ehender selig als alle Pfaffen.“ (10)
Bald
Luthertum, bald Kalvinismus
Auf Ottheinrich, der kinderlos geblieben war, folgte Friedrich III. (1559-1576)
als Kurfürst. Dieser war ein geradezu fanatischer Anhänger des gestrengen
Reformators Johannes Calvin (1509-1564). Er wollte im „Fürstentum der Oberen
Pfalz“ und somit auch in Auerbach den Kalvinismus einführen. So erging ein
Befehl, dass alles, was an „das antichristliche Papsttum“ erinnere, wie
Sakramentshäuschen, Ölberge, Bilder, Messgewänder, Heiligenfiguren usw.
schleunigst entfernt werden sollte. Rat und beherzte Bürger unserer Stadt
wehrten sich z.T. mit Erfolg gegen diese „Bilderstürmerei“. Unter
Lebensgefahr wurden liturgische Geräte und Gewänder versteckt, um sie vor
einer Vernichtung zu bewahren.
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Die Lehre des Franzosen Johannes Calvin,
eigentlich Jean Cauvin, (1509-1564),war auf die strenge Einhaltung
bestimmter religiöser Regeln ausgerichtet. |
Auf Befehl des Kurfürsten Friedrich III. wurden 1562
der „Heidelberger Katechismus“ und 1563 eine calvinische Kirchenordnung
eingeführt. In Auerbach neigte Stadtpfarrer Malzkasten wohl zum Kalvinismus,
während der Stadtprediger oder Prädikant und der Spitalpfarrer sich den
Neuerungen widersetzten und dem Luthertum zugetan waren. Doch trotz großen
Widerstandes und begleitet von heftigem Protest von Bürgermeister, Rat und
weiten Teilen der Bevölkerung ließ Richter Mendl am 8. Januar 1574 alle noch
vorhandenen Tabernakel, Statuen und Verzierungen von Schreinern und Schlossern
in den Auerbacher Kirchen und Kapellen entfernen und vernichten.
Der Sohn Friedrichs III. und sein Nachfolger, Kurfürst Ludwig VI. (1576-1583),
war ein getreuer Anhänger der Lehre Martin Luthers. Schon als Statthalter in
Amberg hatte er versucht, die calvinistischen Pläne seines Vaters nach Möglichkeit
zu unterlaufen.
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Anlässlich
einer Kirchenvisitation
in Auerbach am 1. Mai 1580
wurde festgestellt, dass
in der Pfarrkirche nur mehr
ein einziger Altar ohne
Kruzifix
vorhanden war.
Der noch immer offene Ölberg
an der Pfarrkirche wurde
mit Brettern verschlagen
und somit gerettet.
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Als Kurfürst Ludwig VI. am 12.
Oktober 1583 starb, übernahm sein Bruder, Pfalzgraf Johann Kasimir (1583-1592),
die Vormundschaft über den erst neunjährigen Neffen Friedrich. Selbst eifriger
Kalviner setzte Johann Kasimir sogleich wieder reformierte (calvinische)
Geistliche und Beamte ein und versuchte, das calvinische Bekenntnis gegen die
lutherischen Prädikanten durchzusetzen. „In Amberg berief er den Grafen
Johann von Ortenberg zum Vitztum, ... . Für Johann Casimir erschien er
geeignet, weil er einerseits dem reformierten Bekenntnis nahestand, andrerseits
aber eine so gemäßigte Haltung einnahm, daß er auch in der lutherisch geprägten
Oberpfalz nicht als Fremdkörper empfunden wurde.“ (11) So kam es schließlich,
dass in Auerbach in der Stadtpfarrkirche die Kalvinisten und in der Spitalkirche
die Lutheraner zu Hause waren.
Kurfürst Friedrich IV.
(1574-1610), ein gebürtiger Amberger und überzeugter
Kalvinist, eröffnete am 8. Juni 1596 in Auerbach eine allgemeine
Kirchenvisitation.
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Friedrich
IV. von der Pfalz
(Kurfürst 1583 - 1610)
Das Reiterbildnis
auf dem Kupferstich
von Jacques Grandhomme (um 1608)
verherrlicht den Kurfürsten
als Haupt
der 1608 gegründeten Union
protestantischer Reichsfürsten
und zeichnet ihn in Wort und Bild
als unerschrockenen Vorkämpfer
für Gerechtigkeit, Frömmigkeit
und wahren Glauben.
Es gibt aber auch
eine ganz andere Seite von ihm: |
"Sein Gesundheitszustand war infolge
seines ausschweifenden lebens und seiner Trinkfreudigkeit bald angeschlagen und
wohl nach einer 1606 zugezogenen Alkoholvergiftung nachhaltig zerrüttet. Seine
Tagebücher sind voller Notizen, war er "wieder vol gewest" war."
(Quelle)
Bei
der angesprochenen Kirchenvisitation in Auerbach am 8. Juni 1596 wurde festgestellt, dass die Gläubigen noch immer vor dem Kreuz „ein
Buckerl machen“, d.h. sich in Ehrfurcht verneigten. „Weil dem Kurfürsten
mitgeteilt wurde, erst neulich sei ein Weib vor dem Kruzifix im Spital knieend
gesehen worden, wird dem Landrichter befohlen, strengstens nach solchen Personen
zu fahnden, welche Abgötterei treiben.“ (12) Friedrich war bei dieser
Gelegenheit oder bei seinem Besuch im Juli des gleichen Jahres sicher auch überbracht
worden, was sich beim Einzug des kalvinistischen Pfarrers Emmanuel Stengel im
Jahre 1590 ereignet hatte. Stengel stammte aus Eschenbach und war 1588-1590
Pfarrer in Michelfeld gewesen, ehe er die Stelle in Auerbach übertragen
bekam. Bei seiner Installation hatten Auerbacher solange den Pfarrhof besetzt
gehalten, bis ihnen zugesagt wurde, dass sie auch weiterhin bei der lutherischen
Kirchenordnung bleiben dürften. Stengel war bis 1618 hier Pfarrer. Er scheint
zwischen Kalvinismus und Luthertum geschwankt zu haben.
Die Regierung kurzzeitig in
Auerbach
Auch der als Winterkönig in die Geschichte eingegangene Kurfürst
Friedrich V. (1610-1621) versuchte vergeblich, in unserer Heimat den Kalvinismus
einzuführen. Sein Statthalter war der Fürst Christian von Anhalt, ein hochgebildeter
Mann und leidenschaftlicher Kalvinist. „Anno 1613 flüchtete der Statthalter
mit der Regierung wegen einer ausgebrochenen Pestepidemie von Amberg nach
Auerbach. ... Vom 11. August 1613 bis 25. Januar 1614 war Auerbach der Sitz der
Regierung und während dieser Zeit war das Luthertum in Auerbach gänzlich
verschwunden. Alles schwelgte in Wonne und Freude....“ (13) Ein unbekannter
Poet aus Amberg verfasste über diese Zeit folgendes Gedicht:
„Als nach Christi vnsres Herrn Geburt
Verlauffne Zeit gerechnet wurd
Sechzehen hundert dreyzehn Jahr,
Im ganzen Landt groß schrecken war
Dieweil die Pestilentzisch seuch
An allen Orten fast einschleich.
Doch gott der Herr auß sondrer gnad
Bewahret hat Aurbach die Statt
Dahin s Churfürstlich Regiment
Der Pfaltz in Bayern sich gewendt,
Nachdem ihr ordinari stell
Zu Amberg, gleich wie andre, schnell
Mit dieser Gottes straff so hart
Dieß Jahrs auch angegriffen wardt.
Also die Polizey bestund
Zu Auerbach uff vorigem Grund,
Für welche wolthtat Gott dem Herrn
Soll jedermann von hertzen gern
Zu lob vnd preiß die übrig zeit
Diß kurtzen Lebens sein bereit.
Auch Rath und Burger dieser Statt
Aurbach man viel zu rühmen hatt
Umb die zu der betrübten zeit
Erwiesene Leutseligkeit.“ (14)
Mit dem Abzug der Regierung aus Auerbach war es auch
wieder vorbei mit dem vorübergehenden Eifer für den Kalvinismus. Bei einer
Visitation am 21. Juni 1615 in unserer Stadt musste Kurfürst Friedrich V.
feststellen, dass die Bevölkerung dem Kalvinismus nahezu geschlossen ablehnend
gegenüberstand.
Einer der Unterschiede war die Spendung des Abendmahles: während es in der
lutherischen Liturgie Hostien ähnlich wie in der katholischen gab, verwendete
man in der kalvinischen normales Brot.
Chronist Neubig schreibt über dieses knappe Jahrhundert: „Da Gewalt und
Soldaten nichts ausrichten konnten, so suchte man auf andere Weise die Pfalz zu
kalvinisieren. Man sandte in alle Städte kalv. Prediger, besetzte die Stellen
in der Regierung und Magistratur nicht mit Landeskindern, sondern mit ausländischen
Kalvinisten und wies alle Lutheraner zurück. ... Diese Prediger und Beamten,
die nun als Religionsschneider auf der Störe im Lande herumflicken und dem
Volke den neuesten Glauben mit kurfürstlichem Ellenstock anmessen, mit
kalvinistischer Modeschere zuschneiden und in die verdrehten Hirn- und Zwirnknäuel
der Köpfe hineinbügeln mußten, sie waren indeß die seltsamsten politischen
Amphibien, die ebenso gut im Wasser schwimmen als auf dem Lande kriechen konnten
und sich in alle Gestalten verwandelten. ... Man dachte lutherisch und handelte
kalvinistisch. Fast Jeder hatte eine doppelte Religion, eine im Munde, die
andere im Herzen. Und man konnte mit Zuverlässigkeit nicht sagen, daß Einer
derjenige wirklich sey, für den er sich ausgab. Das größte Mißtrauen
herrschte und gährte unter den Parteien. Denn die heilige Religion, die
Freundin des Friedens, sie war zur bitteren Hefe geworden und machte nur Grimmen
und Blähung.“ (15)
Der Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges
Der Dreißigjährige Krieg (1618-1648) hatte
u. a. religiöse und machtpolitische
Ursachen, wie den Gegensatz zwischen Katholiken und „Protestanten“
(abgeleitet von der Protestation der evangelischen Stände auf dem Reichstag zu
Speyer 1529), das Anstreben religiöser und politischer Einheit im Reiche durch
die habsburgischen Kaiser, das Machtstreben der Reichsstände und den
aufkommenden Konkurrenzkampf der europäischen Staaten untereinander, um nur
einige zu nennen. Die sich verschärfenden konfessionellen Spannungen im Reich führten
zur Gründung von Schutzbünden mit eigenen militärischen Organisationen. So
kam es im Mai 1608 zu einer protestantischen Verteidigungs – „Union“
zwischen Lutheranern und Kalvinisten unter Führung des Kurfürsten von der
Pfalz. Im folgenden Jahr 1609 brachte Herzog Maximilian von Bayern die süddeutschen
Bischöfe, die drei geistlichen Kurfürsten und die meisten katholischen
Reichsstände zur katholischen „Liga“ zusammen.
Als Anlass und eigentlicher Beginn des „Dreißigjährigen Krieges“ wird der so genannte
2. Prager Fenstersturz am 23. Mai 1618 angesehen. An diesem Tag
wurden die beiden kaiserlichen Statthalter und Vertreter der katholischen
Partei, Martinitz und Slawata, sowie ihr Sekretär Fabricius von böhmischen
Protestanten aus einem Fenster der Prager Burg Hradschin gestürzt.
„Der
Mordversuch verlief für die Betroffenen glimpflich. ... Der Burggraben war nach
damaligem Brauch mit Unrat gefüllt. Die Latrinen mündeten anscheinend dahin.
Das mag die Wirkung des Falles gemildert haben.“ (16)
Auerbacher Adelige in königlichem Dienst
Ein Jahr später, am 28. September 1619, wählten die Böhmen den pfälzischen
Kurfürsten Friedrich V. zum König. Während dieser recht sorglos und z.T. auch
ausschweifend dahinlebte, kümmerte sich jener bereits oben genannte Christian
von Anhalt, der wenige Jahre zuvor als Statthalter ja für kurze Zeit auch in
Auerbach residiert hatte, um die Verwaltung und das Militär. Der neugewählte König
nahm auch Adelige aus Auerbach mit in seinen Dienst nach Prag, so den
Landrichter und Landhauptmann Balthasar Jakob von Schlammersdorf als Führer
eines Regiments und Johann Joachim von Ruesdorf als Gesandten und Diplomaten.
Von Ruesdorf war 1589 als Sohn des hiesigen Landrichters im Auerbacher Schloß
zur Welt gekommen. „Er wurde einer der berühmtesten Männer des kurfürstlich
- pfälzischen Hauses, der auch in Zeiten der Not dem unglücklichen Friedrich
V. treu blieb und unablässig für die Interessen des Kurfürsten und seiner
Familie kämpfte. ... Nach dem Tode Friedrichs blieb Ruesdorf weiter im Dienste
der pfälzischen Regierung. Er starb am 27. August 1640 in Haag in Holland.“
(17)
Maximilian I., Herzog von Bayern (1597-1651), unterstützte Kaiser Ferdinand II.
(1619-1637) nach anfänglichem Zögern und nur gegen verschiedene
Versprechungen. Schließlich zog er mit dem Heer der Liga und dem Niederländer
Johann Tserklaes Graf Tilly (1559-1632) in den Krieg nach Böhmen. In der
Schlacht am Weißen Berg kurz vor Prag am 8. November 1620 wurde Friedrich V.,
der Winterkönig, besiegt und musste über Schlesien und einige norddeutsche
Stationen nach Holland fliehen. Er nahm seine Niederlage wohl recht gelassen
hin, wie aus einem Brief an seine Gattin Elisabeth, eine Tochter des englischen
Königs Jakob, mit der er am 21. Juni 1615 in Auerbach zur Huldigung geweilt
hatte, hervorgeht: „Im übrigen tuen wir nichts als essen und trinken.“ (16)
Bayerische und kaiserliche
Truppen in Auerbach
Ernst Hoyer von Mansfeld, ein Feldherr, der zunächst auf Seiten
Friedrichs gestanden hatte, nahm mit seinen Truppen in der Oberpfalz Quartier.
Ihnen ging ein besonders schlechter Ruf voraus. Einer seiner Unterführer, der
Herzog von Weimar, traf am 5. Juni 1621 in Auerbach ein. Die Soldaten hatten es
neben dem nötigen Proviant vor allem auf Pferde abgesehen. Doch bald gelang es
Maximilian, Mansfeld aus der Oberpfalz zu vertreiben, und das Land für den
Kaiser in Besitz zu nehmen. Ende 1621 lagen in Auerbach eine Kompanie Fußvolk
und ein Cornet Reiter (beide jeweils ca. 300 Mann Sollstärke). „Sie alle
hausten wie Barbaren. Das ganze Land war ohnehin schon ... von den
Mansfeldischen Truppen ausgeraubt und ganz und gar ausgesaugt worden. ... Die Bürger
seufzten unter dem Druck der Soldateska, die von ihnen vollständig ernährt
werden mußte. Maximilian kannte keine Rücksicht: er behandelte die Oberpfalz
als ein erobertes feindliches Land und betrachtete ihre Bewohner als Rebellen.
... Es sollte noch viel Schrecklicheres kommen, denn noch verheerender als
Mansfelds Rückzug und Maximilians Sieg war der Durchzug von etwa 9000 Kosacken
aus Polen, welche der Kaiser zur Verstärkung seiner Armee an den Rhein sandte
und die im Winter 1621 durch Auerbach nach Veldenstein, Nürnberg und Forchheim
marschierten. Weil sie in dem verheerten Lande keine Lebensmittel, sondern nur
leere Häuser und unbewohnte Dörfer fanden, kannte die Barbarenwut ... keine
Grenze. Im Oktober 1622 kam diese wilde Horde auf ihrem Rückzug wieder in diese
Gegend und verübte wieder unsägliche Greuel.“ (18)
Ähnliches passierte in den folgenden Jahren mehrmals, so dass sich die Bevölkerung
gar nicht mehr richtig von den Plünderungen, Durchmärschen, Einquartierungen,
Brandschatzungen usw. erholen konnte. Manche Bauern der umliegenden Ortschaften
verließen ihre Dörfer und flohen.
Maximilian erhält 1628 die Oberpfalz
Bereits im Jahre 1621 war ein Jesuitenpater nach Auerbach gekommen. Er
hielt in der Pfarrkirche für die katholischen bayerischen Soldaten Messen,
predigte und spendete die Sakramente. Bürger gaben ihm dazu sogar die alten
Messgewänder und liturgischen Gerätschaften, die sie aus Angst vor Vernichtung
versteckt hatten. Der Pater wohnte im Schloss, und zog jeweils nach wenigen
Tagen Aufenthalt in unserer Stadt wieder weiter. „Außer dem Militär und den
Beamten ging aber kein Mensch in die Kirche. Höchstens trieb die Neugierde
einige alte Weiber und Gassenjungen in die Kirche.“ (19)
Maximilian, der schon 1623 die pfälzische Kurwürde erhalten hatte, bekam am
22. Februar 1628 die Oberpfalz und die rechtsrheinische Unterpfalz als Pfand für
seine Kriegskosten. Aus diesem Anlass fand am 30. April dieses Jahres eine
Huldigung statt, an der aus Auerbach neben den churfürstlichen Beamten auch die
vier Bürgermeister und der Stadtschreiber teilnahmen.
Kurfürst Maximilian ging das Bekehrungswerk der Patres viel zu langsam; er
wollte gern mit Tempo und notfalls auch Gewalt die Bevölkerung der Oberpfalz
wieder katholisch machen. „Die Jesuiten aber wollten den langsamen Weg der
Milde gehen und allmählich die Herzen gewinnen. Sie traten mit der Bürgerschaft
in freundschaftlichen Verkehr und zeigten gegen jedermann ein liebreiches Wesen
voll Güte und Sanftmut. ... Auf diese Weise gewannen sich die Jesuiten manche
Freunde.“ (19) Trotzdem gab es 1625 erst drei katholische Bürger in Auerbach,
nämlich den Wagner Christoph Stieber, den Bader Endres Guraus und den Krämer
Friedrich Schmucker.
Vertreibung der lutherischen
und kalvinischen Geistlichen
Am 25. Februar 1625 befahl Kurfürst Maximilan der Amberger Regierung, in
Auerbach wieder einen katholischen Stadtpfarrer einzusetzen. Es war dies Ulrich
Faulmüller, der bis dahin Kanonikus zu St. Stefan in Bamberg war.
Auch ihm
gelang es zunächst nicht, die Auerbacher für den katholischen Glauben zurückzugewinnen,
„obwohl er ein sehr leutseliger und beliebter Mann war, und obwohl die Bürger
zwangsweise seine Predigten besuchen mußten. Er taufte zwar die frisch
angekommenen Erdenbürger, begrub die Verstorbenen, segnete die Ehen ein und
spendete den Sterbenden die letzten Tröstungen der Religion, aber trotzdem fand
kein formeller Übertritt zur katholischen Konfession statt.“ (19) Zu den
obengenannten drei katholischen Familien waren bis zum 1. Mai 1628 nur ganz
wenige dazugekommen.
Der letzte kalvinische Stadtpfarrer Gebhard Agricola wurde am 26. Juli 1625
seines Amtes enthoben; er soll später Universitätsprofessor in Leyden in
Holland geworden sein. Auch der seit 1604 amtierende lutherische Spitalpfarrer
Peter Reiß musste seine Seelsorgetätigkeit in Auerbach einstellen. Am 11.
April 1626 musste er den Spitalpfarrhof räumen; sein Gehalt und seine Wohnung
wurden dem katholischen Kaplan Georg Molitor übertragen.
Zum 1. Juni des Jahres 1626 mussten auch drei Lehrer der berühmten Auerbacher
Lateinschule ihren Dienst quittieren und Katholiken Platz machen. Der deutsche
Schulmeister und der Mesner durften ihre Stellen behalten, weil sie versprochen
hatten, den katholischen Glauben anzunehmen.
Der Speckmüller Georg Edl, im Volksmund ein Prophet genannt, wurde als treuer
Anhänger der neuen Lehre am 30. September 1627 geächtet. Er musste seinen
Besitz verpachten und mit seiner Familie die Heimat verlassen. In einem Bericht
an die Regierung heißt es über ihn u.a.: „Ein siebzigjähriger, eisgrauer
Mann, hat eine alte Bibel, lutherischer Katechismus, ist in seiner Behausung
einsam und allein, geht nicht zum katholischen Gottesdienst, führt ärgerliche
Reden und hat mit seinen vermeintlichen Prophezeiungen nicht wenig Zulauf der
Leute, ... 1630 werden gute, fruchtbare Jahre angehen, der Türk mit seinem
ganzen Kriegsvolk wird bei Auerbach ... erschlagen, Pegnitz und Vils werden bis
Amberg hinunter in Blut verwandelt; darneben wird ein rechter einhelliger
durchgehender Glaube sein, vorher aber in der ganzen Christenheit ein solch
Blutvergießen geschehen, daß der dritte Teil der Christen mit dem Leben nit
davonkommen wird und die Pferdt bis an Saum in Blut gehen werden. Öfter
gefragt, woher er das wisse, sagt er aus Gottes Gnaden; er sinn den Himmelsläuften
nach, hab sonst nichts zu thun. Er führt ein eingezogen Leben, kommt nit viel
zu Leuten, ist guten Gesprächs und wie vorkommt, hab er seines Lebens kein Bier
getrunken.“ (20)
Die Oberpfalz wird wieder
katholisch
Als schließlich, wie bereits erwähnt, 1628 unsere Oberpfalz Teil des
Kurfürstentums Bayern wurde, hatte Maximilian alle Möglichkeiten in der Hand,
den katholischen Glauben wieder einzuführen. Schon am 27. April dieses Jahres
erließ der neue Landesherr ein Mandat, welches die Zwangskonversion der
Oberpfälzer vorsah; bis zum 1. November sollten die Menschen entweder zum
katholischen Glauben zurückkehren oder das Land verlassen.
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Am 15. Mai
1628
war die
erste Vernehmung
der Bürger im Auerbacher Schloss vor einer Kommission aus
Landrichter, Pfarrer, Kastner und Forstmeister.
Die Leute hatten dazu in Feiertagskleidern
auf dem Schlossplatz zu erscheinen, um dann einzeln eine Erklärung über ihren
Glauben abzugeben. Fast die gesamte Bevölkerung weigerte sich, das Bekenntnis
zu wechseln. Es folgte Anfang Juli eine zweite Befragung, bei der schon mehrere
Konversionen erfolgten, weil in der Zwischenzeit verschärfte Bestimmungen
erlassen waren.
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So musste nun jeder der sich weigerte nicht nur das Land
verlassen, sondern auch hier noch sein gesamtes Hab und Gut verkaufen und vom
Erlös als „Nachsteuer“ 10 Prozent an das kurfürstliche Kastenamt
entrichten.
Beim letzten Verhör Mitte August 1628 blieben noch 13 Familien
ihrem Bekenntnis treu. Sie mussten nach bezahlter Nachsteuer am 1. November tatsächlich
Auerbach verlassen.
Neben den Bürgern und anderen Bewohnern der Stadt mussten sich natürlich auch
die Landwirte der Umgebung wieder zum katholischen Glauben „umkehren“.
Dies ging wohl rein äußerlich gesehen viel einfacher als mit den Städtern,
denn die Stellung der Landbewohner war eine ganz andere. „In der 'guten alten
Zeit' wurde der Bauer nicht als eine Person, sondern wie eine Sache behandelt.
Wie man einen Stuhl in die Sonne stellen kann oder in den Schatten, so konnte
man damals den Bauern katholisch, lutherisch oder kalvinisch machen. Er war ganz
und gar rechtlos und dermaßen an das Gehorchen gewöhnt, daß man von ihm nie
einen Widerspruch zu befürchten brauchte, außer wenn es ans Zahlen ging. ...
Willig, oder wenigstens passiv und widerstandslos, wurde er bald lutherisch,
bald kalvinisch, bald wieder lutherisch, wie eben der Befehl der Obrigkeit
lautete. Und was hätte ihm eine offene Opposition genützt? Der Landrichter hätte
ja Mittel genug besessen, den Bauern zur Raison zu bringen, und gewiß wäre er
in der Anwendung dieser Mittel nicht saumselig gewesen. Gehorsam war des Bauern
erste Pflicht, zahlen die zweite, schweigen die dritte.“ (21)
Die wenigen Bauern der umliegenden Dörfer, die nicht freiwillig zur
katholischen Kirche zurückkehrten, wurden mit Einquartierung von Soldaten und
deren Verköstigung so stark belastet, dass sie schließlich aufgaben. So
legte Mitte Januar 1629 der Landrichter Hans Truchseß zu Höfingen dem Bauern
Hans Pürner (Hausname „beim Birner“) von Degelsdorf vier Soldaten ins Haus,
denen er täglich 6 Pfund Fleisch, 6 Pfund Brot, 12 Maß Bier und den sonstigen
Lebensunterhalt gewähren musste. Am 29. Januar trat Pirner mit seiner Familie
zum Katholizismus über.
Auswanderung zahlreicher
Adeliger
Den zahlreichen Adeligen erging es nicht viel anders als den Bürgern und
den Bauern: auch sie wurden vor die Wahl gestellt, entweder das Land und ihren
Besitz zu verlassen, oder sich zum katholischen Glauben zu bekennen. Allerdings
erhielten sie eine Fristverlängerung bis zum 1. Januar 1629 für ihre
Entscheidung. Da viele für ihre Güter keine katholischen Käufer finden
konnten, wurden sie ihnen belassen, doch mussten sie von katholischen
Dienstboten bewirtschaftet werden.
So hatte schon 1622 Balthasar Jakob von Schlammersdorf, ehemaliger Landrichter
von Auerbach, sein Gut in Hopfenohe seinem Bruder Christoph Leonhard von
Schlammersdorf abgetreten, damit es vom Kurfürsten nicht eingezogen wurde. Da
nun auch dieser nicht konvertieren wollte, musste er mit seinen fümf Kindern
wegziehen. Er trat in Nürnbergische, also feindliche Kriegsdienste, weswegen er
als Rebell betrachtet und sein Gut in Hopfenohe vom Staat konfisziert wurde.
Nach dem Westfälischen Friedensschluss (1648) erhielt sein Sohn Friedrich
Wilhelm den Besitz zurück, nachdem er versprochen hatte zu konvertieren. Die
Schlammersdorfer gehörten zum alten oberpfälzischen Uradel; ihr Name lebt in
der gleichnamigen Ortschaft ca. 15 km nordöstlich von Auerbach fort.
Einem alten fränkischen Adelsgeschlecht gehörte Jobst Merz von Zogenreuth
an. Da er sich im Verlaufe des bisherigen Kriegsgeschehens große Verdienste um
die Oberpfalz erworben hatte und ein kluger und gebildeter Mann war, hätte ihn
Kurfürst Maximilian gerne im Lande behalten, und gewährte ihm deshalb eine
Fristverlängerung bis Ende Juli 1629. Doch weil der überzeugte Lutheraner
seinem Bekenntnis nicht untreu werden wollte, erhielt er schließlich am 23.
Juli den Ausweisungsbefehl, worin ihm allerdings wegen seiner Verdienste die
Nachsteuer erlassen wurde. Jobst Merz siedelte auf seinen bei Vilseck gelegenen
Hammer Hellziechen über, der zum Fürstbistum Bamberg gehörte. Seine Frau und
seine neun Kinder blieben zunächst noch auf dem Gut in Zogenreuth. Als seine
Frau am 27. Januar 1627 bei der Geburt des 10. Kindes starb, bat Merz, man möge
ihm doch freien Zutritt zu seinen unmündigen Kindern nach Zogenreuth gewähren.
Dieses Ansuchen wurde ihm abgeschlagen, obwohl Pfarrer Faulmüller von Auerbach
und auch sein Kollege aus Michelfeld dies bei der Regierung in Amberg befürworteten.
So zog schließlich die ganze Familie nach Vilseck ins Bambergische um.
Man kann sich heute kaum mehr vorstellen, in welchen
Gewissensnöten und -ängsten unsere Vorfahren damals waren. So mancher
Alteingesessene musste schweren Herzens seine angestammte Heimat verlassen. Zu
den seelischen Nöten kamen auch noch andere Unbilden, denn der Dreißigjährige
Krieg war ja noch lange nicht zu Ende.
Zu Ende aber war die lutherische bzw. calvinische Zeit in Auerbach, und es
sollte rund 300 Jahre dauern, bis evangelische Christen hier wieder in größerer
Zahl Fuß fassen konnten.
verwendete Quellen
1 |
August
Sieghardt, Oberpfalz, S. 72 f |
2 |
Gustav
Wustmann, Der Wirt von Auerbachs Keller, S. 10 ff |
3 |
Otto
Clemen, Zur Lebensgeschichte Heinrich Stromers von Auerbach,
in Neues Archiv für Sächs. Geschichte, Bd. 24, S. 107 |
4 |
Wustmann,
a.o.O., S. 34 |
5 |
Gertrud
Benker, Heimat Oberpfalz, S. 118 |
6 |
Fritz
Schnelbögl, Auerbach in der Oberpfalz, S. 145 |
7 |
Gertrud
Benker, Heimat Oberpfalz, S. 120 |
8 |
P.
Aemilian Ussermann, Episcopatus Bambergensis, S. 335 |
9 |
Johannes
Kist, Die Matrikel der Geistlichkeit des Bistums Bamberg, S. 350 |
10 |
Geistliche
Sachen, Brief aus Fasc. 27 Nr. 10, Staatsarchiv Amberg |
11 |
K.
O. Ambronn / O. Schmidt, Kurpfalz und Oberpfalz,
Bd. 23 der Beiträge zur Geschichte und Landeskunde der Oberpfalz,
S. 25 |
12 |
Schnelbögl,
a.o.O., S. 147 |
13 |
Joseph
Köstler, Chronik der Stadt Auerbach, Bd. II, S. 278 |
14 |
Johannes
Neubig, Auerbach, die ehemalige Kreis- und Landgerichtsstadt in der
Oberpfalz, S. 50 f |
15 |
Neubig,
a.o.O., S. 44 |
16 |
Emil
Franzel, Geschichte des deutschen Volkes, S. 259, 268 |
17 |
Josef
Merkl, Auerbach im Dreißigjährigen Krieg, S. 32 f, unveröffentlicht |
18 |
Köstler,
a.o.O., Bd. X, S. 101 f |
19 |
Köstler,
a.o.O., Bd. X,
S. 283 ff |
20 |
Friedrich
Lippert, Gegenreformation in Staat, Kirche und Sitte, S. 147 |
21 |
Köstler,
a.o.O., Bd. XI,
S. 207 f |
letzte Bearbeitung dieses
Artikels am Buß-
und Bettag 2008 (19.11.)
Für Ergänzungen, Korrekturen usw.
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