Pfarrei Haag
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Die Pfarrei Haag

Zur Pfarrei Haag, die erst 1876 selbständig wurde, gehörten bis zur Auflösung 1938 auch die Ortschaften Bergfried, Dorfgänlas, Dörnlasmühle, Hammergänlas und Hebersreuth. Bis zu jenem Jahr hatte Haag ja über Jahrhunderte als Filiale zur Pfarrei Hopfenohe gehört.

Über Jahrhunderte gehörten die Katholiken von Haag zur Pfarrei Hopfenohe, und hatten dort ihre Kirche und ihren Friedhof. (Foto aus 1)

Haag und Hopfenohe
Das Verhältnis der Hocher zu ihrer Pfarrei in Hopfenohe scheint nicht besonders gut gewesen zu sein. Josef Köstler, dessen Bruder Franz Seraph 1866 als Kaplan von Hopfenohe Seelsorger für Haag war, meint dazu in seiner blumigen Sprache: "Die Verbindung Haags mit Hopfenohe war keine natürliche, und nie fühlten sich die Bewohner von Haag hingezogen zu ihrer Pfarrkirche und nie arrangierten sie sich mit dem übrigen Pfarrvolke. Wer die weite Entfernung beider Orte, den schlechten Weg, die hohe Lage, das rauhe Klima und die riesigen Schneewehen, die den Kirchgang so beschwerlich machten, kennt, wird die Abneigung der Filialisten zur Mutterkirche begreifen. Dazu kam noch die Eitelkeit der Haager Filialisten, die als Handwerker und Bürger sich einen höheren Rang als die Bauern einbildeten und in der Kirche allerlei Vorrechte anstrebten. Die eitle Tochter schämte sich ihrer bäuerlichen Mutter und suchte sich ihrer Vormundschaft möglichst zu entziehen. Die beleidigte Mutter machte aber der arroganten Tochter keine Konzessionen und hielt sie, wenn sie sich ungebärdig zeigte, um so straffer am Zügel. Auf diese Weise bildete sich zwischen Sankt Peter (Anm.: Pfarrkirche in Hopfenohe) und Sankt Veit (Anm.: Filialkirche in Haag) ein liebloses Verhältnis, wie es oft zwischen Stiefeltern und Stiefkindern bemerkbar ist. Und wie die Stiefkinder durch böse Nachbarn gewöhnlich auch noch gegen ihre Eltern verhetzt werden, so wurden auch die Haager Filialisten in ihrem Widerstand gegen Hopfenohe stets gestärkt durch die Bamberger Obrigkeit in Vilseck. Dieses Verhältnis blieb Jahrhunderte hindurch bestehen und führte erst spät zur Trennung und zur Selbständigmachung der Haager Kirche." (2, Seite 376)

Die Hocher hatten einen weiten Weg von gut 6 km, wenn sie in ihre Kirche nach Hopfenohe wollten. Auch die Höhenlage der beiden Orte ist zu beachten: Haag lag 442 m über dem Meeresspiegel, Hopfenohe dagegen gut 100 m höher auf immerhin 557 m. Wenn z.B. in Haag nur eine ganz dünne Schneedecke lag, türmte sich das weiße Element in Hopfenohe schon fast meterhoch auf. Hopfenohe war wegen seiner hohen Lage bekannt für sein raues Klima und für seine schneereichen und langen Winter.

So schreibt Köstler an andrer Stelle Köstler über die häufigen Beschwerden der Haager Gläubigen: "Unter ihren Klagen war am berechtigtsten jedenfalls jene, die den weiten beschwerlichen Weg betonte u. auseinandersetzte, daß wegen weiter Entfernung der Pfarrkirche u. des Pfarrers u. wegen des im Winter unpassierbaren Weges ein Kirchbesuch, eine Taufe oder Provisur (Anm.: Versehgang, früher auch letzte Ölung genannt, heute Sakrament der Krankensalbung) oft wochenlang nicht möglich sei, daß alte gebrechliche Leute monatelang keinen Gottesdienst beiwohnen können, daß schwächliche Kinder nicht selten ohne Taufe u. sterbende Personen ohne Wegzehrung verscheiden müssen, daß man im Winter die Leichen häufig nicht nach Hopfenohe bringen kann u. wochenlang im Hause behalten muß u. daß sich schon viele Filialisten auf dem Kirchenweg oder bei Leichenbegängnissen durch den tiefen Schnee u. rauhen Wind schwere Krankheiten u. selbst den Tod zugezogen hätten." (3, Seite 104)

Eigenes Frühmessbenefizium 1487
Nach jahrelangem Drängen der Hocher genehmigte am 3. Oktober 1487 der Bamberger Fürstbischof Heinrich III. Groß von Trockau (reg. 1487-1501) eine Frühmesse in der Kapelle des hl. Veit in Haag. Erster Benefiziat wurde der Geistliche Erhard Schmidt, der bis 1506 in Haag wirkte. Sein Nachfolger als Primissarius wurde Erhard Faber, der das Frühmessbenefizium in Haag bis 1520 inne hatte. Der dritte und zunächst letzte katholische Frühmessbenefiziat war dann bis 1530 Ulrich Reheböck. Wohnhaus des Benefiziaten war die Nr. 16, der spätere Pfarrhof.
Die Pfarrkirche St. Johannes der Täufer in Auerbach hatte übrigens gleich sieben Messbenefizien, die aber alle im 16. Jahrhundert wieder untergingen.

Martin Luther (1483-1546)
wollte die katholische Kirche reformieren.
Daraus wurde aber eine Kirchenspaltung.
In der Stadt Weiden fanden
die Gedanken Luthers 1522 Eingang,
Regensburg fiel 1525 von seinem Bischof ab,
und 1526 heiratete Abt Nikolaus
vom Zisterzienserkloster Waldsassen.
(Kupferstich von Lukas Cranach d. Ä., 1520)

Verwirrende Glaubensverhältnisse
Haag blieb der Überlieferung nach etwas länger katholisch als die umliegenden Orte. Der erste lutherische Pfarrer von Hopfenohe, Nikolaus Schöberlein (reg. 1530-49), war zwar offiziell auch für die Haager zuständig, denn diese gehörten nach wie vor pfarrlich zu seinen Schäflein. Allerdings fühlten sich die Bewohner von Haag seit jeher nicht recht wohl in der Pfarrei Hopfenohe, weshalb ja auch 1487 ein eigenes Benefizium in ihrem Dorf eingeführt worden war.
Anno 1554 musste der Bischof von Bamberg sein Amt Vilseck, zu dem auch Haag gehörte, an die Stadt Nürnberg verpfänden. Diese führte sofort das lutherische Bekenntnis ein.
"1554–1627 waren insgesamt 12 lutherische oder kalvinische Geistliche in Haag, die sich Diener am Wort Gottes und seit 1576 Pfarrer nennen. Der Pfarrer von Hopfenohe nennt sie aber Diacone und Frühmesser. Diese protestantischen Geistlichen hatten einen wackeligen Standpunkt, weil sowohl Bamberg als auch die Pfalz das Besetzungsrecht in Anspruch nahmen. Ernannte der Vilsecker Oberamtmann einen Geistlichen, so verjagte ihn der Auerbacher Landrichter; besetzte aber die Pfalz den Seelsorgeposten zu Haag, entzogen die Vilsecker Behörden dem Geistlichen viele Gehaltsteile. Eine Einigung war umso weniger zu erzielen, als Vilseck nur lutherische, die Pfalz aber nur kalvinische Geistliche dulden wollte.
Zum Seelsorgebezirk Haag gehörten nur die beiden Orte Haag und Bergfried, und diese blieben mit der Taufe, der Hochzeit und dem Begräbnis bei der Mutterkirche Hopfenohe. Erst seit 1577 durfte der Haager Diakon in der Kirche des St. Veit taufen und ein eigenes Taufbuch führen. Anno 1614 bekam Haag auch einen eigenen Friedhof neben der Kirche und war nun ganz und gar selbständig und von Hopfenohe unabhängig." (4, Seite 538)

Parallel zu dem umfassenden
Glaubens- bzw. Konfessionskrieg
in der Reformationszeit
wütete bereits seit 1618 auch in unserer Heimat
der schreckliche Dreißigjährige Krieg.
In seinem Verlauf nahm im Herbst 1621
der Führer der katholischen Liga,
Herzog Maximilian von Bayern (Bild),
mit seinem obersten Feldherrn Tilly
die Oberpfalz für den Kaiser in Besitz.

Maximilian, der schon 1623 von Kaiser Ferdinand II. (reg. 1619-37) die pfälzische Kurwürde erhalten hatte, bekam am 22. Februar 1628 die Oberpfalz und die rechtsrheinische Unterpfalz als Pfand für seine Kriegskosten. Ihm war sehr daran gelegen, in seinem neuen Land möglichst schnell wieder den katholischen Glauben einzuführen.
Zentrum der Rekatholisierung unserer Oberpfalz war die Regierungsstadt Amberg, und dort waren die Jesuiten federführend damit beauftragt.

Hopfenohe und Haag 1626 wieder katholisch
Nach Auerbach kam 1625 Ulricus Faulmüller, dessen Bild im Chorraum der Spitalkirche hängt, als erster katholischer Pfarrer nach fast 100 Jahren. Ein Jahr später wurde dessen bisheriger Kaplan Georg Molitor Pfarrer in Hopfenohe, zu dem Haag nach wie vor gehörte. Das Haager Frühmessbenefizium wurde zunächst nicht mehr besetzt, sondern dem Pfarrer von Hopfenohe übertragen. Erst 1722 wurde ein eigener Kaplan in Hopfenohe installiert. Diesem war dann die Seelsorge in Haag übertragen. Da er im Pfarrhof Hopfenohe wohnte, musste er praktisch täglich nach Haag und zurück gehen, um dort Messe zu halten, Beichte zu hören, Kranke zu besuchen usw. Es war also sicher ein recht beschwerliches Amt, denn auch in Hopfenohe selber hatte der Kaplan ja noch zu tun.
Unter den zahlreichen Hopfenoher Kaplänen mit Seelsorgeauftrag in Haag waren unter anderem auch Konrad Buhr aus Hagenohe (1835), Joseph Kormann (1839-43) aus Nasnitz und Franz Seraph Köstler (1866) aus Auerbach.

1877 wird Haag selbständige Pfarrei
Zum 9. Mai 1877 wurde trotz heftigen Protestes seitens des Hopfenoher Pfarrers Johann Schmitt Haag eigenständige Pfarrei. Erster Pfarrer wurde der bisherige Auerbacher Kaplan Johann Scherlein (reg. 1877-99). Ihm folgte Paul Unterburger (reg. 1899-1904), der danach nach Neuhaus an der Pegnitz ging. Danach waren Konrad Hermann (1904-13), Ernst Deinzer (1913-31), Josef Euringer (1931-36) und Ludwig Wimplinger (1936-38).

Der letzte Pfarrer von Haag
war Ludwig Wimplinger (1936-1938),
der u. a. 1950 bis 1963 Pfarrer
in Neuhaus an der Pegnitz war.
(Sterbebild aus 5)

Die Kirche in Haag
Eine Kapelle gab es in Haag natürlich schon sehr früh. Wie sie aussah, ist nicht bekannt. Schon 1487 war in Haag ja eine Frühmesse gestiftet worden, die jeweils von Benefiziaten wahrgenommen wurde. Es muss sich also schon um eine größere Kapelle gehandelt haben, weil sie ein eigenes Messbenefizium hatte. 1722 wurde dieses Benefizium in eine Kaplanstelle umgewandelt, die aber weiterhin der Pfarrei Hopfenohe zugeordnet blieb.
Die 1938 bei der Ablösung des Ortes im Zuge der Erweiterung des Truppenübungsplatzes Grafenwöhr aufgelassene Kirche in Haag war erst 1868 durch den Bamberger Erzbischof Michael von Deinlein (reg. 1858-75) geweiht worden.

Dieser weitgehende Neubau
war Mitte des 19. Jahrhunderts
notwendig geworden,
weil bei einem Großbrand 1848 (24. Juli)
zusammen mit 42 Wohn- und 110 Nebengebäuden
auch die alte Kirche
ein Raub der Flammen geworden war.

Über die weiterhin dem hl. Vitus geweihte Pfarrkirche Haag heißt es: „Einfacher Bau des 18. Jahrhunderts, modern romanisch nach Osten erweitert und modern romanisch eingerichtet.“ (6, Seite 52; Foto aus 6)

In diesen Ortsplan von Haag (5, Seite 105) habe ich zur besseren Orientierung die Kirche St. Veit (HNr 40) gelb, das Pfarrhaus (HNr 16) rot, die Schule (HNr 41) grün und den Friedhof blau eingezeichnet. Das Bächlein Frankenohe fließt hier fast diagonal von links oben (Nordwesten) nach rechts unten (Südosten). Etwas weiter südwestlich davon lief fast parallel zur Frankenohe die Reichsstraße 85, deren Verlauf auf dem Luftbild noch gut zu erkennen ist.

Bei der Kirche von Haag stand auch das Kriegerdenkmal. Es wurde nach dem Verlassen der Ortschaft abgebrochen und in Sorghof wieder neu aufgebaut. Dort erinnert es noch heute an die Gefallenen und Vermissten von Haag und Langenbruck.

Links das Ehrenmal an seinem alten Standort in Haag (Foto aus 8) und rechts daneben in Sorghof (Foto aus 9).

Nach der Absiedlung der Haager wurde die Kirche im Mai 1938 aufgelassen und  deren Einrichtung wie die Menschen in alle Winde zerstreut: die Glocken kamen nach Johannisthal (Ortsteil von  Windischeschenbach), das Kirchengestühl nach Michelfeld und Sassenreuth, die Altäre und die Kanzel nach Weingarts bei Forchheim, die Orgel nach Forth (Gemeinde Eckenthal) und die liturgischen Geräte nach Bamberg. (nach 7, Seite 113)

Dieser
schlichte Granitstein
mit Kreuz
und Aufschrift
"Haag Kirche - Church
1487-1938"
erinnert heute an die
uralte Kirche
St. Vitus
in Haag.

Der Haager Friedhof
Wie die Gebäudereste der einst blühenden Ortschaft verfiel auch der Friedhof von Haag allmählich: Die Grabsteine stürzten um, wurden von Wind und Wetter zersetzt und von der Natur überwuchert. Nicht selten werden leider auch menschliche Unvernunft und Zerstörungswut, ja Pietätlosigkeit vor den Verstorbenen, im Spiel gewesen sein.
Im Jahre 1992 wurde dem weiteren und endgültigen Verfall des ehemaligen Haager Friedhofs mit vereinten Kräften Einhalt geboten: In einer gemeinsamen Aktion des Heimatvereins Grafenwöhr, des Bundeswehr-Verbindungskommandos (seit 1997 DMV) und des  Bundesforstamtes Grafenwöhr wurde der altehrwürdige Friedhof von Haag gleichsam "generalsaniert".

Durch diese beispielhafte Maßnahme wurde der Friedhof von Haag der Nachwelt erhalten. Die alten und zum großen Teil kunstvoll gehauenen Sandstein- und Granitgrabsteine wurden wieder gesetzt, und Friedhofsmauer und Eingangstreppe ausgebessert bzw. neu angelegt. 1997 konnte auch ein neues Friedhofskreuz aufgestellt und geweiht werden. (Fotos 2009)

Erstmals gestattete 1992
der damalige US-Kommandeur
den Besuch des Haager Friedhofes.
Seither dürfen
- vor allem ehemalige Haager -
an Allerheiligen bzw. Allerseelen
die Gräber ihrer Vorfahren
besuchen.

verwendete Quellen

1 Archiv Michael Hiller, Grafenwöhr
2 Köstler, Joseph, Chronik von Hopfenohe, Band XXV der siebenundzwanzigbändigen, handgeschriebenen Chronik, Auerbach um 1920
3 Köstler, Joseph, Chronik von Haag, Band XXVI der siebenundzwanzigbändigen, handgeschriebenen Chronik, Auerbach 1920
4 Kugler, Hans-Jürgen, Hopfenohe - Geschichte einer Pfarrgemeinde, Auerbach 1997 (Bezugsquelle)
5 Archiv Hans Winter, Rauhenstein
6 Hager, Georg, Die Kunstdenkmäler des Königreichs Bayern, Bezirksamt Eschenbach, München 1909
7 Griesbach, Eckehart, Truppenübungsplatz Grafenwöhr,
Behringersdorf 1985
8 Archiv Armin Knauer, Grafenwöhr
9 Archiv Wilhelm Ertl, Sorghof
Stubenvoll, Johann, Aus der Chronik des Ortes Haag, in Festschrift zum Wiedersehensfest der Alt-Langenbrucker u. Alt-Haager, Sorghof 1954
Johann Sebastian Bach (1685-1750)
Choral Alles ist an Gottes Segen ... (BWV 263)
(Motettenchor Paderborn, Archiv Klaus  Thon)

letzte Bearbeitung dieses Artikels am 24. September 2012

Für Ergänzungen, Korrekturen usw.
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